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Kunst und Krempel: Mühlenhaupts Bilder werden inmitten alter Relikte aus der Preußen-Zeit ausgestellt.
Mühlenhaupt-Ausstellung im Sockel des Kreuzberg-Denkmals

Mühlenhaupt-Ausstellung unter dem Kreuzberg-Denkmal

„Ne Karnevalsstadt sind wa nich“, heißt es bei Kurt Mühlenhaupt. Zum 100. Geburtstag würdigt eine Ausstellung in Kreuzberg das Schaffen des Malers und Bildhauers. Der Bezirk hat sie auf Antrag der SPD-Fraktion unterstützt.

Wer den Kreuzberg besucht, kann jetzt zwei Ausstellungen in einer anschauen: Denn im Sockelgeschoss des Kreuzberg-Denkmals sind nicht nur Ölgemälde und Skulpturen Kurt Mühlenhaupts ausgestellt. Sehenswert ist auch das Denkmal selbst mitsamt dem darunterliegenden Gewölbe, das nun erstmals als Ausstellungsraum dient. Passenderweise heißt die neue Ausstellung: „Mühlenhaupt trifft Schinkel und Schadow“.

Wer es nicht weiß: Das Nationaldenkmal auf dem Kreuzberg erinnert an die sogenannten „Befreiungskriege“ gegen Napoleons Armee in den Jahren 1813 bis 1815. Das neugotische Bauwerk wurde von Karl Friedrich Schinkel entworfen. Im Sockel des Denkmals lagern seit Jahrzehnten Werke des preußischen Bildhauers Johann Gottfried Schadow (1764-1850), darunter mehrere Friese mit Bezügen zur griechischen Mythologie. Am Wegesrand stehen Gipsstatuen, auch sie glorifizieren die Schlachten gegen Napoleon.

Mitten zwischen diesen Relikten der Vergangenheit sind nun – hell leuchtend angestrahlt – die Bilder Kurt Mühlenhaupts platziert. Der Kreuzberger Künstler (1921-2006) konnte dem alten Preußen wenig abgewinnen. Daran erinnert in der Ausstellung sein Zitat: „Preußen, das war für mich ein festes Gefüge, der Staat mit Zucht und Ordnung. Es war was Nationales. Ich möchte aber immer das Gegenteil. Ich möchte die Aufhebung aller Grenzen, es sollte allen Völkern der Welt gleich gut gehen.“

Das Nationaldenkmal auf dem Kreuzberg

Was Krieg bedeutet, hat Mühlenhaupt selbst erlebt. Seine Zeit als Soldat im Zweiten Weltkrieg überlebte er, trug aber körperliche und seelische Wunden davon, die ihn Zeit seines Lebens beeinflussten. Nach dem Krieg studierte er an der Berliner Hochschule der Künste. Ab 1958 lebte Mühlenhaupt mit seiner Familie in Kreuzberg. Sein Geld verdiente er zunächst als Trödler und Gastwirt. Nebenher arbeitete er an seinen Bildern und erwarb sich einen Ruf als Milieu-Maler. 1970 zog er in ein Atelier am Chamissoplatz, nun konnte er ganz von seiner Malerei leben. Nach der Deutschen Einheit ließ er sich auf einem Gutshof in Brandenburg nieder.

Mühlenhaupts Ölbilder erinnern an den Expressionismus. Die Motive sind reduziert und mit groben Pinselstrichen auf die Leinwand (oder Holz) gebracht. Ihre Wirkung entfalten die Bilder über den Einsatz der Farben. Nicht, weil sie so bunt sind – manche Werke werden stark von Grautönen bestimmt. Sondern weil sie Stimmungen transportieren, ein bestimmtes Gefühl, das von einer Szenerie ausgeht. Das kann ein Fest auf dem Mariannenplatz sein oder auch ein fast leerer Fabrikhof. Dass Mühlenhaupt auch mit fröhlicher Ironie und farbenfroh ans Werk gehen konnte, zeigt das Motiv einer Menschenmenge vor dem Schöneberger Rathaus – einige tragen eine Narrenkappe. „Ne Karnevalsstadt sind wa nich, aber manchmal halten se uns janz schön zum Narren“, hat der Künstler darunter geschrieben. Gezeigt werden in der Ausstellung auch Einzel-Porträts und Skulpturen – die sogenannten „Dudu-Zwerge“.

Erstellt wurde die Ausstellung von der Kurt-und Hannelore-Mühlenhaupt-Stiftung in Kooperation mit dem Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg und Kulturprojekte Berlin. Die Beteiligung des Bezirksamtes ist auch optisch sichtbar: Als Leitsystem wurden „Pop-up-Wege“ mit Warnbaken und gelber Farbe errichtet – ähnlich den berühmt gewordenen Pop-up-Radwegen im Bezirk.

Der Pop-up-Weg im Gewölbe entstand auf Vorschlag des Straßen- und Grünflächenamtes

Dass die Ausstellung zustande gekommen ist, daran hat auch die SPD-Fraktion einen Anteil. Die beauftragte das Bezirksamt nämlich vor zwei Jahren mit einem Antrag, anlässlich des 100. Geburtstages von Kurt Mühlenhaupt „eine Ehrung durch eine Ausstellung und weitere Veranstaltungen im Bezirk zu organisieren, die sein Wirken und Schaffen im Kiez Kreuzberg aufzeigen“. Dazu sollte das Bezirksamt mit Mühlenhaupts Ehefrau und ehemaligen Weggefährten und Sammlern Kontakt aufnehmen.

Das Ergebnis ist jetzt zu besichtigen und der Besuch lohnt sich! Ganz besonders an heißen Tagen, denn das Gewölbe unter dem Denkmal ist ein idealer Ort, um sich etwas abzukühlen. (Rezension: Carl-Friedrich Höck)

Mühlenhaupt trifft Schinkel und Schadow.
Ausstellung unter dem Kreuzberg-Denkmal im Viktoriapark
5. Juni bis 1. August 2021
Geöffnet Dienstag bis Sonntag von 14 bis 19 Uhr
Eintritt: 6 Euro / 5 Euro
freitags Hundeführung:
Hunde 6 Euro / Begleitung frei