Öffentlichkeitswirksam hat Baustadtrat Hans Panhoff (Grüne) Mitte Juni Maßnahmen vorgestellt, mit denen der Bezirk die Situation am Görlitzer Park verbessern will. Wir begrüßen die Pläne, ein Parkmanagement oder Parkläufer einzuführen. Aber wenige Einzelmaßnahmen reichen nicht aus, um die Probleme rund um den Görli zu lösen. Deshalb fordern wir das Bezirksamt nun auf, bis Oktober ein ganzheitliches Gesamtkonzept vorzulegen. Es wird Jahre dauern und erfordert zum Beispiel bauliche, sozialarbeiterische oder ordnungspolitische Maßnahmen, um aus dem Görli wieder einen Park für alle zu machen. Fangen wir jetzt endlich an!
Berlin braucht mehr Wohnungen, wenn Wohnen bezahlbar bleiben soll. Dafür sind auch Nachverdichtungen in der Innenstadt sinnvoll. Diese müssen aber sorgfältig geplant sein und die Belange der betroffenen Anwohner berücksichtigen. Mit einem Antrag fordern wir, dass der Bezirk für ein Gebiet im Nordwesten des Ostbahnhofs einen Bebauungsplan aufstellen und ein integriertes Stadtentwicklungskonzept (INSEK) erarbeiten soll. So wollen wir sicherstellen, dass genügend Flächen für Kitas, Schulen, Verkehr und Erholung sowie ein Nachbarschaftszentrum ausgewiesen werden.
Jeder achte Erwachsene in Berlin ist überschuldet, in unserem Bezirk liegt die Quote teilweise noch höher. Oft kann eine Schuldnerberatung den Betroffenen einen Weg aus der Finanzmisere aufzeigen. Doch leider gibt es gibt auch hier schwarze Schafe: Unseriöse Schuldnerberatungen, die sich an der Not anderer bereichern statt ihnen wirklich zu helfen. Was weiß das Bezirksamt über solche Fälle in Friedrichshain-Kreuzberg und was unternimmt es gegen unseriöse Anbieter? Das erfragen wir in der BVV. Mit einer weiteren Anfrage erkundigen wir uns nach der Entwicklung im Wrangelkiez. Hunderte Menschen protestieren dort gegen die Verdrängung eines Gemüsehändlers – und anderer Menschen, die den Kiez zu dem machen, was er ist. Was kann der Bezirk gegen die Verdrängung unternehmen und warum hat er bisher nicht entschlossener gehandelt? Am Mittwoch werden wir es (hoffentlich) erfahren.
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MÜNDLICHE ANFRAGEN
1. Mündliche Anfrage
Betreff: Aufklärung über private Schuldner- und Insolvenzberatungen
Ich frage das Bezirksamt:
- Welche Erkenntnisse hat das Bezirksamt über private Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen im Bezirk?
- Wie beurteilt das Bezirksamt die Arbeit von privaten Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen (z.B. in Bezug auf Fachlichkeit, Beratungskompetenz, Kosten für Rat Suchende, Verschleierung der kommerziellen Absichten)?
- Wie stellt das Bezirksamt sicher, dass private Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen nicht in öffentlichen Gebäuden des Bezirkes werben?
Nachfrage:
- Welche Aufklärungsarbeit leistet das Bezirksamt, um verschuldete Menschen vor der Inanspruchnahme der Dienstleistungen unseriöser Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen zu schützen?
Berlin, 22.06.2015
Für die Fraktion der SPD
Anita Leese-Hehmke
2. Mündliche Anfrage:
Bizim Bakkal – Trauriger Einzelfall oder vermeidbare Fehlentwicklung im Wrangelkiez?
Ich frage das Bezirksamt:
- Wie bewertet das Bezirksamt die Gewerbeentwicklung im Wrangelkiez insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Verdrängung von Gewerbe für die Nahversorgung der Bevölkerung durch Gaststättenbetriebe?
- Welche Maßnahmen stehen dem Bezirk zur Verfügung um einer Fehlentwicklung entgegenzuwirken?
- Warum wurde der Fehlentwicklung nicht längst durch Erlass eines Bebauungsplans, einer Anpassung der Erhaltungssatzung oder durch Anwendung des § 15 BauNVO wie im Gräfekiez entgegengewirkt?
Berlin, 22.06.2015
Für die Fraktion der SPD
John Dahl
3. Mündliche Anfrage:
Anwendung des Zweckentfremdungsverbotsgesetes in der Obentrautstraße 29
Ich frage das Bezirksamt:
- Warum wurde die Umnutzung einer Erdgeschosswohnung in der Obentrautstraße 29 in eine Ferienwohnung durch das Bezirksamt bewilligt?
- Ist dem Bezirksamt bekannt, dass die besagte Wohnung zuletzt über einen längeren Zeitraum leer stand?
- Wie beurteilt das Bezirksamt seine Entscheidung im Lichte der Bestimmunge des § 1 Abs. 3 ZwVbG wonach Wohnraum im Sinne dieses Gesetzes alle Räumlichkeiten sind, die zur dauernden Wohnnutzung tatsächlich und rechtlich geeignet sind und in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Nr. 2 ZwVbG, wonach Bestandsschutz für gewerbliche Nutzung nur dann besteht, wenn diese gewerbliche Nutzung zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung nicht beendet oder ein zu diesem Zweck in den Räumlichkeiten eingerichteter und ausgeübter gewerblicher oder freiberuflicher Betrieb fortgeführt wird?
Zusatzfrage
- Warum wurde trotz entgegenstehendem Gesetzeswortlaut – so die Auskunft des Bezirksamts im Stadtentwicklungsausschuss in seiner Sitzung am 17.06.2015 – dem Antragsteller die Errichtung einer neuen Ferienwohnung in der Obentrautstraße 29 wegen Bestandsschutz genehmigt, also obwohl weder eine Ferienwohnung vorher bestanden hat, noch sonst eine gewerbliche Nutzung?
Berlin, den 22.6.2015
Für die Fraktion der SPD
John Dahl
4. Mündliche Anfrage
Es wird eng an den Schulen – Auf welche Flächen kann das Bezirksamt noch zurückgreifen?
Ich frage das Bezirksamt:
- Auf welche bezirkseigenen Flächen könnte das Bezirksamt in den Schulregionen III bis VIII noch zurückgreifen, sollte nach 2019 der Bedarf nach Grund- bzw. Oberschulplätzen weiterhin steigen und durch die bereits in Realisierung befindlichen oder geplanten Maßnahmen nicht abgdeckt werden können?
- Auf welche Flächen im Eigentum des Landes Berlin (z.B. Senatsverwaltungen, landeseigene Unternehmen wie BIM u.a.) könnte das Bezirksamt in den Schulregionen III bis VIII noch zurückgreifen, sollte nach 2019 der Bedarf nach Grund- bzw. Oberschulplätzen weiterhin steigen und durch die bereits in Realisierung befindlichen oder geplanten Maßnahmen nicht abgdeckt werden können?
- Wie kann das Bezirksamt die unter 1. und 2. aufgeführten Flächen planungsrechtlich für die zukünftige Schulnutzung sichern?
Berlin, 22.06.2015
Für die Fraktion der SPD
Andy Hehmke
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ANTRÄGE
Antrag (DS/1752/IV)
Städtebauliche Entwicklungskonzeption für Friedrichshain, Bereich westlich der Straße der Pariser Kommune
Das Bezirksamt wird beauftragt,
für den Bereich zwischen Ostbahnhof, Straße der Pariser Kommune, Friedenstraße, Landsberger Allee, Otto-Braun-Straße, Mollstraße, Lichtenberger Straße und Holzmarktstraße unverzüglich ein Bebauungsplanverfahren einzuleiten, um eine städtebaulich anspruchsvolle und für das beschriebene Stadtgebiet verträgliche Nachverdichtung durch zusätzliche Wohnungsbauten zu sichern.
Das Bezirksamt wird beauftragt, unverzüglich für das umrissene Gebiet ein integriertes Stadtentwicklungskonzept „INSEK“ zu erarbeiten, das die städtebaulichen, infrastruktur- und verkehrsplanerischen Bedarfe und Planungsziele und die geplanten Bauprojekte aufeinander abstimmt. Dabei sind erforderliche Flächen für die Kita- und Schulversorgung und ein Nachbarschaftszentrum ebenso auszuweisen wie ein Entwicklungskonzept für den Öffentlichen Raum bzw. Grünflächen sowie für die teilweise überdimensionierten Verkehrsflächen.
Auf Grundlage des INSEK und eines städtebaulichen Wettbewerbs soll im Anschluss ein städtebaulicher Rahmenplan erarbeitet werden, um künftige Bauprojekte in ein Gesamtkonzept einbinden zu können. Hierbei sind die Ergebnisse des „städtebaulichen Gutachtens zu Entwicklungs- und Bebauungsmöglichkeiten der WBF in Friedrichshain“ von 2014 zu berücksichtigen. Zu prüfen sind dabei insbesondere auch die Potentiale einer baulichen Entwicklung von öffentlichen Straßenflächen, wie in diesem Gutachten aufgezeigt.
Das Bezirksamt wird beauftragt, zur Finanzierung und Sicherung der organisatorischen Umsetzung dieser Aufgaben mit der WBM/WBF und anderen an Nachverdichtungsprojekten interessierten Grundstückseigentümern entsprechende Vereinbarungen zu schließen. Eine Zusammenarbeit mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist einzuleiten.
Bisher bereits positiv beschiedene Wohnungsbauprojekte in diesem Bereich sollen nicht gestoppt werden, soweit sie Flächenbedarfen für Gemeinbedarfseinrichtungen nicht widersprechen.
Begründung:
Die in Abstimmung mit dem Bezirksamt aufgezeigten Nachverdichtungspotentiale in einer Größenordnung von 1500 Wohnungen im umrissenen Stadtbereich erfordern eine sorgfältige Analyse und Planung des Gemeinbedarfs und dafür erforderlicher Einrichtungen. Insbesondere die Versorgung mit Schulen und Sportflächen muss gesichert werden, schon jetzt bestehen hier wie etwa bei der Spartacus-Schule erhebliche Defizite. Eine rein auf Wohnungsbaupotentiale ausgerichtete Stadtentwicklungsplanung greift zu kurz. Nachverdichtung ist sinnvoll und nachhaltig, muss aber unter Berücksichtigung der Belange der betroffenen Bewohner erfolgen.
Friedrichshain-Kreuzberg, den 15.06.2015
Für die Fraktion der SPD
John Dahl Uwe Hübsch
Antrag (DS/1754/IV)
Gesamtkonzept zur Weiterentwicklung des Görlitzer Parks erarbeiten
Das Bezirksamt wird beauftragt, bis Oktober 2015 ein Gesamtkonzept zur Weiterentwicklung des Görlitzer Parks vorzulegen. Dieses Konzept soll aufbauend auf einer differenzierten Defizit- und Problemanalyse ein Leitbild, ein Nutzungskonzept, Vorschläge für eine bauliche/gestalterische Weiterentwicklung und für sozialpolitische und Ordnungs-Maßnahmen enthalten sowie Angaben zu erforderlichen Zeit- und Kostenrahmen und Verfahrensvorschläge.
Ziel muss ein zeitgemäßes, Aktivitäten förderndes, bewegungsorientiertes kinder-, jugend-, frauen-, familien- und anwohnerfreundliches Nutzungskonzept für den Görlitzer Park sein um damit die Nutzerstrukturen zu verändern. Der Park muss in erster Linie wieder ein Naherholungsangebot für die BewohnerInnen in den umgebenden Quartieren, seine Verwahrlosung gestoppt und Störungen und Konflikte müssen spürbar reduziert werden.
Die Wiedergewinnung des Görli als Parks für alle wird Jahre brauchen und ohne ein professionelles Park-Management, erhebliche Investitionen, aber auch ohne bürgerschaftliches Engagement und Anwohner-Beteiligung nicht gelingen. Das Bezirksamt wird aufgefordert, zwecks Sicherung der Qualität, Finanzierung und Realisierbarkeit eines Entwicklungsprogramms für den Görli mit dem Berliner Senat zu kooperieren.
Begründung:
Die Probleme des Görlitzer Parks und die von ihm ausgehenden Störungen für die umgebenden Quartiere haben in den letzten Jahren eine besondere Intensität erreicht, die nur noch durch ganzheitliche Strategien und mit erheblichem Einsatz von Ressourcen bewältigt werden kann.
Dies beschreibt das Bezirksamt in einem internen Papier wie folgt: Der Görlitzer Park ist (…) keine „klassische“ Grünanlage mehr. (…) Nutzergruppen des Parks kapseln sich ab. Es gibt
- ungenutzte Potentiale
- Lärmbelästigung durch Musik, Böller
- Belästigung durch Rauchentwicklung, Grillen an nicht vorgesehenen Stellen
- Radfahrer versus Fußgänger
- Konflikt mit Hundehaltern – keine Anleinung, wenig Gesprächsbereitschaft
- Übernutzung und Vermüllung
- Belästigung, sexistische Anmache von Frauen
- Kinder/Kitas meiden den Park
- Konflikte zwischen Dealern und Gewerbetreibenden
- Allgemein höhere Übergriffigkeit im Park (auch von Jugendlichen), Gewaltbereitschaft von Menschen
- versperrte Eingänge
- Belastungen durch Verhalten von Sinti und Roma
- Perspektivlose Jugendliche hängen im Park ab
- Flüchtlinge aus Afrika haben keinen eigenem Ort/Entwicklungsmöglichkeiten, Park ist oft deren einziger Anlaufpunkt
- Sinti-Roma haben wenig Unterstützung, ihnen wird repressiv begegnet
- Konflikte Anwohner/Gewerbetreibende vs. Dealer
- Pflege/normale Sauberhaltung
- Drogenhandel und die damit zusammenhängende organisierte Kriminalität
- Ballung des Drogenhandels am Görlitzer Bahnhof und den Seitenstraßen.
(…)
Dieser Park ist mit den üblichen Betreiberkonzepten nicht zu managen (…). Der Görlitzer Park ist eine Grünanlage, (…) aber auch wie eine große „sozialraumorientierte Einrichtung“ zu betrachten und muss entsprechend betrieben werden. (…)
Es soll erreicht werden, dass diejenigen, die den Park meiden, ihn wieder aufsuchen, diejenigen, die sich unwohl fühlen, sollen sich wieder wohl fühlen, und diejenigen in den umliegenden Kiezen, die sich eingeschränkt fühlen, sollen sich freier fühlen. Augenscheinlich ist es so, dass der Park für viele Touristen oder Menschen aus anderen Stadtteilen – überwiegend junge Erwachsene – sehr attraktiv ist. Für viele Menschen, die nahe am Park wohnen – Kinder, Jugendliche, Familien, Migranten – gibt es Nachteile oder es fehlt der passende Ort. Hier muss das Attraktivitätsprofil verändert werden.“
Diese Beschreibung zeigt, wie groß und komplex die Herausforderung „Görli“ inzwischen ist. Mit einigen wenigen Einzelmaßnahmen wird man die Probleme nicht lösen können. Es braucht ein neues Gesamtkonzept für den Park, dass über die begrüßenswerten ersten Vorschläge des Bezirksamtes wie die Einführung eines Parkmanagements und von Parkläufern oder die Errichtung eines zweiten Spielplatzes hinaus geht.
Zur Lösung und Minderung der Probleme braucht es ein auf einer umfassenden kritischen Analyse der Potentiale und der Schwächen des Görli basierendes, ganzheitliches Gesamtkonzept und eine entsprechende Umsetzungsstrategie mit vielen planerischen, baulichen, sozialarbeiterischen, ordnungspolitischen und organisatorischen Bausteinen:
- einem sozial orientierten Leitbild, das Angst und Ausgrenzung schwächerer Bevölkerungsgruppen ausschließt und das Ziel eines attraktiven Parks mit einem zeitgemäßen, vielfältigen Nutzungsangebot verfolgt;
- einer verbindlichen, politisch beschlossenen Zielsetzung, Leitbild und Konzept zu realisieren;
- einem neuen Nutzungsprofil und entsprechenden landschaftsbaulichen Anlagen, das zu einem neuen Image des Parks führt;
- klaren Regeln für alle Park-Nutzer;
- den für die Umsetzung der Strategie erforderlichen personellen und finanziellen Ressourcen;
- einem professionellen Management des Parks und seines Erneuerungsprozesses;
- transparenten Verfahren und intensiver Bürgerbeteiligung.
Friedrichshain-Kreuzberg, den 15.06.2015
Für die Fraktion der SPD
John Dahl Uwe Hübsch