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Markthalle Neun: Aldi muss bleiben, auch nach dem Ende des Dialogverfahrens

Die Zukunft der Markthalle Neun war am Dienstagabend erneut Thema im Wirtschaftsausschuss der BVV Friedrichshain-Kreuzberg. Anwohnende äußerten sich in der Sitzung irritiert darüber, wie das Bezirksamt die Ergebnisse des Dialogverfahrens darstellt. Dieses war Ende 2020 zu Ende gegangen.

In einer Pressemitteilung vom 7. Dezember 2020 hatte das Bezirksamt besonders herausgestellt, die Stichpunkte „Regional, Bio und Nachhaltigkeit“ seien im Dialogverfahren vielfach genannt worden. Dem widersprechen Vertreter*innen der Initiative Kiezmarkthalle: Tatsächlich habe nur eine Minderheit der Befragten sich Biolebensmittel gewünscht. Viel häufiger sei der Wunsch genannt worden, einen Discounter in der Markthalle zu behalten. Fassungslos reagierten viele Anwohnende und Bezirksverordnete auch auf die Behauptung des Bezirksamtes, dass der Aldi „auf der Suche nach größeren Verkaufsflächen ist und daher in der Ladenfläche in der Markthalle Neun keine Perspektive sieht.“ Dieser Darstellung hat das Unternehmen selbst mittlerweile entschieden widersprochen.

Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion Sevim Aydin erklärt dazu: „Die Grünen stellen die Ergebnisse des Dialogverfahrens so dar, als würden die Anwohnenden eine Ernährungswende und mehr regionale Bioprodukte fordern. Tatsächlich haben die Anwohnenden aber deutlich gemacht, dass sie Lebensmittelangebote im Niedrigpreissegment benötigen. Denn nicht jeder kann sich teure Premium-Produkte leisten. Derzeit ist das Konzept der Markthalle zunehmend auf Touristinnen und Touristen ausgerichtet. Für die Anwohnenden wird kaum etwas getan. Die Bürgermeisterin hat sich offenbar an die Seite der Markthallen-Betreiber gestellt und will um jeden Preis die Ernährungswende voranbringen. Es kann aber nicht sein, dass die Bürgermeisterin die Bedarfe der Kreuzberger*innen völlig ignoriert, nur weil diese nicht ihren Wunschvorstellungen entsprechen.“

Die wirtschaftspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion Hannah Lupper ergänzt: „Die Markthalle wurde erheblich durch das Land Berlin subventioniert, weil die Betreiber ein Konzept vorgelegt haben, das eine Kiezmarkthalle mit Versorgung für die Anwohnenden im Blick hatte. Dieses Konzept hat die Markthalle bis heute nicht umgesetzt. So lange das Sortiment aus so exklusiven Produkten besteht, muss der Aldi erhalten bleiben, um das Angebot an günstigen Lebensmitteln zu sichern.“

Zum Hintergrund: Der gegenwärtige Betreiber hat die Markthalle 2011 von der landeseigenen Berliner Großmarkt GmbH erworben. Diese hatte die Immobilie nicht zum Höchstpreis verkauft, sondern sie in einem konzeptorientierten Verfahren veräußert. Im Konzept wurde eine „Markthalle für alle“ versprochen. Anfang 2019 wurde bekannt, dass die Betreiber den Mietvertrag für die Aldi-Filiale beenden und stattdessen einen Drogeriemarkt in der Halle ansiedeln wollen. Dies löste Proteste von Anwohnenden aus. Denn der Discounter ermöglicht es auch Menschen mit niedrigen Einkommen, sich in der Markthalle mit Lebensmitteln zu versorgen, während die anderen Angebote in der Halle größtenteils hochpreisig sind. Die Proteste mündeten in ein Dialogverfahren zur Zukunft der Markthalle Neun. Die SPD-Fraktion hat sich bereits im März 2019 dafür ausgesprochen, den Aldi-Markt oder einen vergleichbaren Einzelhändler in der Markthalle zu erhalten.

Eine Dokumentation des Dialogverfahrens ist noch bis Ende Februar auf dialogverfahren-markthalle-neun.de veröffentlicht.

Pressemitteilung der SPD-BVV-Fraktion Friedrichshain-Kreuzberg vom 17.02.2021

 

Nachtrag vom 18.02.2021:
Auf der genannten Dokumentationsseite lassen sich die von den Teilnehmenden geäußerten Wünsche nach Begriffen bzw. Aussagen filtern. Einige Beispiele, wie was wie oft genannt wurde:

Bezahlbare Lebensmittel – 393 Personen (456 Beiträge)
Aldi behalten – 230 Personen (299 Beiträge)
Aldi oder ein anderer Lebensmittelsupermarkt – 36 Personen (37 Beiträge)
Anderer Lebensmittelsupermarkt statt Aldi – 12 Personen (12 Beiträge)
Bio wird gebraucht – 106 Personen (113 Beiträge)
Nachhaltigkeit – 83 Personen (92 Beiträge)
Regionale Lebensmittel – 161 Personen (175 Beiträge)