Honorarkräfte an der Volkshochschule Friedrichshain-Kreuzberg leiden unter der Corona-Krise. Erst wollte der Bezirk keine Ausfallhonorare zahlen, wenn Kurse wegen der Pandemie wieder abgesagt werden müssen. Dieser Passus in den Verträgen wurde mittlerweile ausgesetzt. (taz.de) Doch das ist nicht der einzige Kritikpunkt der Dozent*innen. Ihre Situation schilderten sie am Mittwoch im Ausschuss für Kultur und Bildung. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Sebastian Forck war dabei.
Sebastian, gestern waren Dozent*innen der Volkshochschule (VHS) Friedrichshain-Kreuzberg im Kulturausschuss. Was haben sie berichtet?
Sie haben uns von einer Situation an der Volkshochschule berichtet, die uns als Bezirksverordnete die Stirn in Falten hat legen lassen. Sie haben einerseits geschildert, mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben, damit Kurse nach dem Corona-Lockdown überhaupt wieder anlaufen. Das bezieht sich insbesondere auf die Deutsch- und Alphabetisierungskurse. Zum anderen berichteten sie von einer „Atmosphäre der Angst“. Als Honorarkräfte befinden sie sich in einem Abhängigkeitsverhältnis, sind immer angewiesen auf die Zuneigung der VHS-Leitung, damit sie weiter Stunden geben können.
Genau das ist jetzt bei vielen nicht der Fall, unter anderem wegen der Infektionsschutzauflagen. Viele freiberufliche Mitarbeiter*innen stehen ohne Einkommen da. In ihrer Not haben sich die Dozent*innen erst an die Bildungsstadträtin Clara Herrmann (Grüne) gewandt. Als das nichts half, habe sie einen Offenen Brief an den Senat geschrieben.
So ist es. Gestern im Ausschuss waren nicht nur Vertreter*innen der VHS Friedrichshain-Kreuzberg mit dabei, sondern auch aus anderen Volkshochschulen in Berlin, unter anderem aus dem Bezirk Mitte. Dort hat der Stadtrat es deutlich früher ermöglicht, dass die Deutsch- und Alphabetisierungskurse wieder laufen. Auch in anderen Bezirken ist das seit Langem wieder der Fall. Nur in Friedrichshain-Kreuzberg tut sich nichts.
Dann wurde uns geschildert, dass die geplanten Kurse in unserem Bezirk halbiert wurden. Es gibt also nur noch halb so viele Kurse, die aber mit der normalen Zahl von Teilnehmer*innen. Diese werden auf zwei Räume aufgeteilt, sodass der Dozent permanent zwischen den Räumen wechseln muss. So lässt sich kaum vernünftig unterrichten, auch für die Kursteilnehmenden ist das unbefriedigend. Besser wären kleinere Kurse, die ja auch weiterhin von Bund und das Land gefördert würden. Erfahrungen aus anderen Bezirken zeigen, dass das kostendeckend machbar wäre. Unser Bezirksamt sagt aber, sie hätten es durchgerechnet und es sei nicht möglich.
Wie erklärst du dir das?
Wir kennen Clara Herrmann als Finanzstadträtin, die frühzeitig Haushaltssperren erlässt, die im Nachhinein gar nicht notwendig gewesen wären. Ich vermute, dass Clara Herrmann auch bei der VHS versucht hat, die Kosten so niedrig wie möglich zu halten. Nur hat sie dabei offenbar nicht an die Teilnehmer*innen und Dozent*innen gedacht hat. Wer auf Honorare angewiesen ist, wurde im Stich gelassen.
Was sollte aus Sicht der SPD-Fraktion jetzt passieren?
Wir wollen uns mit den Kooperationspartnern, also den Linken und Grünen, abstimmen und eine gemeinschaftliche Lösung finden, die den Betroffenen direkt hilft. Wir müssen uns auch überlegen, wie wir die Atmosphäre an der Volkshochschule verbessern können. Uns wurde geschildert: Wenn man als Vertreter*in der Dozent*innen mit anderen Treffen organisieren möchte, wird es von der Leitung der Volkshochschule untersagt Aushänge im Gebäude der VHS anzubringen. So soll offenbar Kritik kleingehalten werden. Dozent*innen, die E-Mails an die Leitung geschrieben und ihre Probleme geschildert haben, haben keine Antwort erhalten. Die Honorarkräfte haben Angst, dass sie im nächsten Halbjahr keinen Job mehr bekommen, wenn sie zuviel Kritik äußern. Für mich als Sozialdemokrat, der für Rechte von Arbeitnehmer*innen eintritt, ist so etwas untragbar. Da müssen wir als BVV gemeinsam etwas unternehmen.
Sebastian Forck ist Vorsitzender der SPD-Fraktion in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg und Mitglied im Ausschuss für Kultur und Bildung.
Ein erster Schritt dahin war ja nun die Sitzung des Kulturausschusses. Wie hat sich denn das Bezirksamt geäußert?
Frau Herrmann hat angeboten, gerne nochmal im Privaten zu erklären, warum sie so gehandelt hat. Das ist für mich nicht der richtige Weg. Mit den angesprochenen Problemen müssen wir jetzt offen umgehen und sie öffentlich diskutieren. Daran müssen die Dozent*innen beteiligt werden.
Wir gesagt, wir wollen mit den Linken und möglichst auch mit den Grünen gemeinschaftliche Ansätze finden, wie wir als BVV auf die geschildeten Zustände reagieren können. Die Dozent*innen haben eine Liste mit fünf Forderungen aufgestellt. Da wird die Kursgröße thematisiert oder die Ausgestaltung der Verträge. Früher gab es Versammlungen mit der Leitung der VHS, wo das nächste Semester gemeinschaftlich geplant wurde. Solche Dinge sind unter der aktuellen Leitung weggefallen. Die Forderungen sind ein guter Ansatzpunkt, damit an der VHS wieder eine Kultur der Offenheit entsteht. Denn es ist wichtig, dass wieder mehr miteinander geredet wird und die Dozent*innen nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden.
Offener Brief der VHS-Dozent*innen-Vertretung
Das Gespräch führte Carl-Friedrich Höck