Das Land Berlin plant, an 60 Standorten modulare Unterkünfte für Flüchtlinge (MUFs) zu errichten. Mindestens drei Standorte liegen in Friedrichshain-Kreuzberg. Die SPD-BVV-Fraktion will nun prüfen lassen, ob stattdessen gleich richtige Wohnungen errichtet werden können. Im Interview erklärt Uwe Hübsch die Gründe.
Was hat dich bewogen, zwei Anträge zu modularen Flüchtlingsunterkünften in die BVV einzubringen?
Uwe Hübsch: Wir haben im Arbeitskreis Bau der SPD Friedrichshain-Kreuzberg darüber gesprochen, wie wir mit den Planungen umgehen. Wir waren uns schnell einig: Die beiden vorgesehenen Standorte in Kreuzberg eignen sich für Wohnungsbau. Deshalb sollte man dort eine ordentliche Planung machen und dann auch Wohnungen bauen.
Was spricht gegen die Modulbauten in Leichtbauweise?
Gedacht sind sie ja als Provisorien, die schnell und billig errichtet werden können, um die Geflüchteten zügig unterzubringen. Wenn sie erst einmal stehen, können sie 30 bis 40 Jahre genutzt werden. Nur: Dann blockieren sie auch das Grundstück, sodass dort nichts anderes gebaut werden kann. Modulbauten bieten aber nicht die gleiche Qualität wie Wohnungen. Und mittlerweile sind sie nicht einmal mehr wesentlich billiger, weil die Nachfrage so hoch ist.
Außerdem kann man die MUFs auch nicht beliebig hoch bauen. Wenn wir dagegen normale Wohnungen errichten, können wir auch die zulässige Anzahl von Geschossen bauen und auf der gleichen Grundfläche mehr Wohnraum schaffen. Der wird dringend gebraucht.
Und: Zu einem ordentlichen Wohnungsbau gehört selbstverständlich dazu, dass wir auch die Infrastruktur gleich mitplanen müssen. Also zum Beispiel Kitas, Schulen oder Grünflächen für die neuen Bewohner. Wir hätten als Bezirk auch mehr Möglichkeiten, diese Infrastruktur finanziert zu bekommen, als es bei modularen Unterkünften der Fall wäre.
Um es noch einmal klarzustellen: Mit dem Antrag willst du also keine Flüchtlingsunterkünfte verhindern, sondern den Flüchtlingen einen ordentlichen Wohnraum bieten?
Ja, selbstverständlich. In Notunterkünften sollen die Menschen, wie der Name ja schon andeutet, nur für kurze Zeit bleiben. Wenn sie anschließend aber nirgendwo unterkommen können, wird die Notunterkunft für die Menschen zum Dauerzustand. Deshalb muss man die Notunterkünfte entlasten, indem man anständige Gemeinschaftsunterkünfte und am besten natürlich Wohnungen baut. Das ist unser Ziel: für die Flüchtlinge, aber auch für andere Bevölkerungsgruppen, Wohnungen zu bauen. Die MUFs sollten nur dort errichtet werden, wo für das Grundstück mittelfristig noch keine Planung absehbar ist – wo Wohnungsbau auf die Schnelle also nicht machbar ist.
Der Faktor Zeit spielt in der Debatte eine wichtige Rolle: Die modularen Bauten sollen schneller zu errichten sein als Wohnungen. Und Unterkünfte werden dringend gebraucht.
Das ist richtig an den Standorten, an denen erst Planungsrecht geschaffen werden müsste, damit man dort etwas Dauerhaftes hinbauen kann. Aber für den geplanten Standort an der alten Jakobstraße gibt es bereits ein Planungsrecht, es liegt mitten in einem Wohngebiet. Es gibt also keine Hemmnisse, um dort jetzt zu bauen.
Etwas anders sieht es auf dem Areal zwischen Reichenberger Straße, Landwehrkanal und Ratiborstraße aus: Hier wollte der Bezirk schon einmal einen Bebauungsplan aufstellen, der ist dann aber in der Schublade gelandet. Man müsste das Verfahren also erst wieder aufnehmen. Aber selbst wenn der Wohnungsbau hier am Ende ein halbes Jahr länger dauert, ist es kein Beinbruch.
Außerdem entstehen die modularen Bauten ja auch nicht per Knopfdruck von heute auf morgen. Die Hersteller kommen mit der Produktion kaum nach. Wenn der Bezirk sich ernsthaft dafür einsetzt, bin ich deshalb überzeugt, dass wir ein besseres Bauen hinbekommen können.
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Hintergrund:
Ein SPD-Antrag fordert das Bezirksamt auf, die geplanten Standorte für modulare Unterkünfte daraufhin zu überprüfen, ob Gründe gegen eine herkömmliche Bebauung mit Wohnungen sprechen und wenn ja, wie schnell diese beseitigt werden könnten. Wenn es zeitnah machbar ist, sollen auf den Grundstücken Wohnungen entstehen. Modulbauten sollen nur dann errichtet werden, wenn mittelfristig noch keine Planung für den Standort erkennbar ist. Zum Antrag (DS/2029/IV)
Ein weiterer Antrag der SPD-Fraktion bezieht sich auf das Areal zwischen Reichenberger Straße, Landwehrkanal und Ratiborstraße. Der Bund hat das Grundstück dem Land Berlin angeboten, damit es dort Flüchtlinge unterbringen kann. Wir drängen nun darauf, dass das Bezirksamt einen Bebauungsplan aufstellt, der den Bau von Wohnungen ermöglicht. Auch eine entsprechende Infrastruktur sowie Grünflächen sollen sichergestellt werden. Zum Antrag (DS/2030/IV)
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Die Interview-Fragen stellte Carl-Friedrich Höck