Ihr Name klingt wie der Titel eines Edgar-Wallace-Films. In einer intern „Liste des Schreckens“ genannten Vorlage hat das Bezirksamt mögliche Auswirkungen des vom Berliner Senat geforderten Personalabbaus aufgeschrieben. In Friedrichshain-Kreuzberg müssen danach bis 2016 rund 140 Stellen abgebaut werden. Im Interview sagt Bezirksstadtrat Peter Beckers, was das für die Bürger bedeutet.
Bis 2016 sollen in der Verwaltung in Friedrichshain-Kreuzberg 138 Stellen wegfallen. Warum?
In der Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU auf Landesebene wurde im vergangenen Jahr beschlossen, bis zum Ende der Legislaturperiode die Anzahl der Stellen auf 80 000 in den Senatsverwaltungen und 20 000 in den Bezirksverwaltungen zu reduzieren. Mit diesem Beschluss startete unter den Bezirken ein Hauen und Stechen, wie die Einsparung von insgesamt 1457 Stellen zu verteilen ist. Im Ergebnis setzte sich die Koalition der Hochrechner durch, bei denen vor allem die Verwaltungsstelle pro Einwohnerzahl den Ausschlag gab. Weitgehend unberücksichtigt blieb die Kosten- und Leistungsrechnung, also die Menge zu erfüllender Aufgaben pro dafür eingesetztem Personal. Letzteres Modell halte ich bei den unterschiedlichen Soziallagen in den Bezirken für gerechter und transparenter. Es ist doch einfach ein Unterschied, ob ich jedem Bauernhof einem Melker zuspreche oder ob ich die Melker nach der Anzahl der zu melkenden Kühe pro Bauernhof verteile. Aber wie das oft so ist in sozialen Gruppen, setzt sich die Mehrheit über die Minderheit durch. Letztere müssen dann eben mehr Lasten tragen als die Gewinner. Unser Bezirk gehört zu den Verlierern und wir müssen bis 2016 etwa jede siebte Stelle abbauen.
Kritiker sagen, durch die Stellenstreichung werde gar kein Geld gespart, sondern sogar mehr als bisher ausgegeben. Was ist da dran?
Erst einmal wird Geld gespart, weil die Fluktuation dazu führt, dass Stellen nicht mehr besetzt werden. Ob das auf Dauer so bleibt hängt davon ab, welche Leistungen für den Bürger noch erbracht werden sollen, also ob es z.B. noch Bürgerämter oder kulturelle Angebote geben soll. Der Titel der Servicestadt Berlin, mit dem sich das Land gerne schmückt, wird karikiert, wenn die Wartezeiten ansteigen und z.B. auf den dringend benötigten Wohnberechtigungsschein ein Jahr gewartet werden muss. Was aber richtig Geld kosten wird, sind die Klagen, wenn auf Widersprüche nicht mehr reagiert werden kann oder wenn im Baurecht rechtliche Fakten durch Nichthandeln der Verwaltung geschaffen werden.
Das klingt dramatisch. Welche weiteren Auswirkungen hätte der Stellenwegfall für die Bürgerinnen und Bürger?
Bei einer Anfrage der Bezirksverordneten wurde deutlich, dass die Verwaltung beim Personalabbau ihre Aufgabenintensität strecken will, dass also gesetzliche Pflichtaufgaben eher formal erfüllt werden, tatsächlich aber die Erfüllung der Aufgaben wesentlich länger dauert oder die Qualität bzw. Intensität der Erfüllung abnimmt. Gerade im letzteren Fall könnte das z.B. bedeuten, dass die Grünpflege nachlässt, das Ordnungsamt kaum noch auf den Straßen präsent ist, die Aufsicht über den Lebensmittelbereich in Gaststätten, Imbisse usw. nachlässt und primär nur noch auf Beschwerden reagiert wird, z.B. wenn das Fleisch beim Biss in das Steak zu zucken beginnt.
Können die verbliebenen Mitarbeiter die Arbeit überhaupt noch leisten?
Das Verwaltungspersonal wird sich bestimmt bemühen, den vielen Erwartungen der Bürger gerecht zu werden. Aber die durch ständigen Personalabbau bedingte Zunahme der Arbeitsverdichtung hat in den letzten zehn Jahren dazu geführt, dass der Krankenstand stetig angestiegen ist. Insbesondere die psychische Belastung, den täglichen Anforderungen nicht mehr gewachsen zu sein, laugt das Personal regelrecht aus. Die Bezirke erbringen ja auch die weitaus größte Anzahl bürgernaher Dienstleistungen. Übrigens habe ich den Eindruck, dass Abgeordnete dazu neigen, sehr gerne Gesetze zu beschließen und sich anschließend aus der Verantwortung für die Umsetzung zu nehmen. Der Bezirk muss dann Aufgaben erfüllen, ohne für die Erledigung das Geld bzw. das Personal zu bekommen. Und wenn der Lastesel Bezirk schließlich zu straucheln beginnt, muss er sich noch vorhalten lassen, dass es an ihm liegt, wenn er es nicht so hinkriegt, wie es gewünscht wird.
Der SPD-Landesparteitag hat im Oktober zumindest beschlossen, dass der Stellenabbau auch langsamer als bisher geplant vonstattengehen kann. Hilft das?
Ich bin sehr froh über den Beschluss des SPD-Landesparteitages, den Abbau auf zehn Jahre zu strecken. Das schafft Planungssicherheit. Aber die Koalition hat sich ja auf die Obergrenze 20 000 Stellen bis 2016 festgelegt. Und das wird von einigen Apologeten wie eine Ideologie vor sich hergetragen. Anscheinend bemisst sich der Erfolg oder Misserfolg der großen Koalition an einer Zahl. Was für ein Unsinn. Das Leben ist so vielfältig wie die Aufgaben der Verwaltung. Wir wissen doch gar nicht, was wir an Aufgaben ist den nächsten Jahren noch dazu bekommen. Um diese Zahl trotzdem zu erreichen, wird auch Zeit benötigt. Es macht einfach keinen Sinn, für das schnelle Erreichen der Zahl den Stellenabbau unsinnig auf das altersbedingte Ausscheiden zu gründen. Wer altersbedingt ausscheidet, ist doch recht zufällig bezogen auf die dadurch wegfallende Stelle. Wenn eine dringend benötigte Stelle z.B. im Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt einfach mal so nicht ersetzt werden kann, dann ist das ein Problem nicht nur für die Verwaltung, sondern vielmehr für diejenigen, für die unsere Verwaltung da ist: für den Bürger. Deshalb brauchen wir die Zeit. Ich bin überzeugt, dass die SPD-Fraktion in der Lage ist, die CDU davon zu überzeugen, dass zehn Jahre der bessere Weg zum Personalabbau sind. Die Partei sollte die Fraktion da auch nicht aus der Pflicht nehmen, schließlich ist Fraktion kein Selbstzweck.