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Markthalle Neun: Antwort auf den Offenen Brief der Betreiber

Die Betreiber der Markthalle Neun haben am 26.04.2021 einen Offenen Brief an die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sevim Aydin veröffentlicht. Sie antwortet darauf mit dem folgenden Schreiben (28.04.2021):

Sehr geehrte Herren Maier, Niedermeier und Driessen,

vielen Dank für Ihren Offenen Brief. Es freut mich, dass wir in einen konstruktiven Austausch kommen.

In Ihrem Brief heben Sie zunächst die herausgehobene Unterstützung der SPD hervor. Dies unterstreicht noch einmal, dass meine Partei und ich nicht gegen die Markthalle Neun sind. Im Gegenteil: Wir haben das Projekt von Anfang an unterstützt. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass Sie im Jahr 2011 im Rahmen eines Konzeptverfahrens den Zuschlag erhielten. Wir unterstützten ausdrücklich, dass die Markthalle Neun wieder zum Leben erweckt und mit kleinen Betrieben revitalisiert wurde. In dieser Tradition verstehe ich auch meine Position: Ich bin davon überzeugt, dass die Markthalle ein wichtiger Ankerpunkt in unserem Kiez ist.

Der ursprüngliche Gewinnerbeitrag des Konzeptverfahrens setzte sich ganz klar dafür ein, dass die Markthalle Neun eine Markthalle für alle sein würde. Damit haben Sie Erwartungen geweckt, an denen wir Sie nun messen. Mit dem Wegfall des Supermarktangebots sehe ich das Ziel einer „Halle für alle“ gefährdet.

Seit knapp zehn Jahren engagiere ich mich in verschiedenen Funktionen in unserem Kiez. Deshalb war ich in den vergangenen Jahren mit sehr vielen Menschen auch aus Ihrer Nachbarschaft im Austausch. Immer wieder ging es dabei um die Markthalle Neun. Sicherlich wissen Sie, dass rund um den Lausitzer Platz sehr viele Menschen leben, die auf ALG II angewiesen sind oder ihre Einkommen aufstocken müssen. Viele berichteten mir, dass sie sich die Lebensmittel dort nicht mehr leisten könnten und deswegen die Markthalle auch nicht mehr aufsuchten. Für mich ist es ein fatales Signal, wenn sich in eine Markthalle mitten in unserem Kiez nicht mehr alle Menschen eingeladen fühlen. Diese Entwicklung weg von der „Markthalle für alle“ hat mich enttäuscht. Deshalb bleibe ich bei meiner Forderung, dass die Markthalle Neun auch zukünftig ein kleinteiliges und preisgedämpftes Lebensmittelangebot bereithalten muss. In diesem Zusammenhang habe ich immer wieder betont, dass es mir nicht um den Aldi selbst geht. Wichtiger ist mir, dass es Lebensmittel zu für alle bezahlbaren Preisen gibt, die von Mitarbeiter:innen mit fairen Tarifverträgen angeboten werden.

Ich habe im Rahmen meiner Tätigkeit als Bezirksverordnete in den vergangenen zwei Jahren durch mehrere Kleine und Große Anfragen versucht, Licht in die ganze Materie zu bringen. Es kursierten immer wieder Gerüchte und Vorwürfe, denen ich mit Hilfe dieser demokratischen Werkzeuge auf den Grund zu gehen versucht habe. Ich halte es für meine Aufgabe, Fragen, die die Bevölkerung beschäftigen, nachzugehen. Und parlamentarische Anfragen sind keine Vorwürfe oder Anschuldigungen, wie Sie es in Ihrem Schreiben an mich suggerieren. So hat Aldi noch Mitte Februar 2021 in einer Pressemitteilung bestätigt, dass das Unternehmen die Filiale nicht kündigen wollte. Hier steht also Ihre Aussage gegen die Aussage des Discounters. Dies wäre vermeidbar gewesen, wenn Sie von Anfang an mit voller Transparenz gehandelt hätten.

Auch auf die vertraglichen Vereinbarungen zum Eckgrundstück Eisenbahnstraße 40-41 / Wrangelstraße 23 bestehen verschiedene Sichtweisen. Die Senatsverwaltung für Finanzen hat auf Anfrage des SPD-Abgeordneten Sven Heinemann mitgeteilt, dass die Berliner Großmarkt GmbH zu keinem Zeitpunkt einen Vorvertrag über den Kauf des Grundstücks Wrangelstraße 23 in 10997 Berlin abgeschlossen hat. Diese Aussage der Finanzverwaltung habe ich auch am vergangenen Freitag auf der Demonstration öffentlich wiederholt und sie steht im Widerspruch zu Ihrem Schreiben vom 13. April 2021 an Ihre neuen Mieter:innen. Deshalb schlage ich Ihnen vor, volle Transparenz walten zu lassen. Veröffentlichen Sie den Kaufvertrag, dass damit verknüpfte Konzept, die Kaufoption für die angrenzenden Grundstücke und die Baugenehmigungen. Dann können sich alle ein eigenes Bild machen. Sollte Ihre Version zutreffen, werde ich mich selbstverständlich bei Ihnen entschuldigen.

Sehr geehrte Herren Maier, Niedermeier und Driessen, nicht zuletzt, weil Sie sich in der Öffentlichkeit als Personen mit einem sozialen Verantwortungsgefühl präsentieren, bin ich betrübt darüber, wie Sie leichtfertig die Interessen der Kleingewerbebetreibenden mit den Interessen der Anwohnenden gegeneinander ausspielen. Vor über zehn Jahren sind Sie mit dem Anspruch gestartet, eine Markthalle für alle zu schaffen. Nun befürchten viele Menschen in Ihrer Nachbarschaft, und auch ich, dass Sie eine Markthalle für die Besserverdienenden in Kreuzberg schaffen.

Corona zeigt uns eigentlich sehr deutlich, wie sehr sich unsere Gesellschaft ökonomisch und sozial gespalten hat. Gerade deshalb halte ich es für essenziell wichtig, dass öffentliche Orte wie die Markthalle Neun weiterhin eine Begegnungsstätte für alle Menschen in unserem Kiez bleiben. Gerne komme ich deshalb auf Ihr Angebot zurück, eine konstruktive Diskussion zur sozialverträglichen Rolle der Markthalle Neun zu führen. Ich gehe davon aus, dass auch Sie eine Markthalle für alle wollen. Deshalb biete ich Ihnen an, unsere Vorstellungen zur Markthalle Neun gemeinsam in einer Corona-konformen öffentlichen Veranstaltung zu diskutieren. Lassen Sie uns gemeinsam eine Lösung finden, von der alle Menschen in unserem Kiez profitieren.

Mit freundlichen Grüßen

Sevim Aydin
Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg

Sebastian Forck Henry Marx und Marie Scharfenberg
Fraktionsvorsitzender Kreisvorsitzende SPD Friedrichshain-Kreuzberg