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Mainzer Straße – Fragen und Antworten

„Wir wollen draußen sitzen“, fordern Anwohner*innen der Mainzer Straße. Denn das Ordnungsamt wird die Genehmigung für Tische, Stühle oder Gemüseauslagen in der Mainzer Straße möglicherweise nicht verlängern. Warum? Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Debatte.

Warum hat das Ordnungsamt die Genehmigungen zur „Sondernutzung von Straßenland“ in der Mainzer Straße nicht verlängert?

Wo die sogenannte „Sondernutzung von Straßenland“ erlaubt werden kann und wo nicht, regelt seit 2012 ein Sondernutzungskonzept des Bezirksamtes. Es wurde damals vom ganzen Bezirksamt (und damit parteiübergreifend) beschlossen. Es schreibt vor, dass für Fußgänger*innen ein mindestens 1,50 Meter breiter Streifen freigehalten werden muss. Bleiben dann noch mindestens 70 Zentimeter Platz, können dort Stühle und andere Außennutzungen genehmigt werden. Das ist jedoch in der Mainzer Straße nicht der Fall. Nicht mitgerechnet wird dabei der Unterstreifen, also der mit Kleinpflaster markierte Bereich zwischen Laufbahn und Straße.

Unterstreifen, Laufbahn – wo ist da der Unterschied?

Der Unterstreifen hat eine Funktion: Zum Beispiel werden dort Poller oder Verkehrsschilder angebracht. Auch Fahrräder oder Mopeds dürfen auf dem Unterstreifen abgestellt werden. Dann bleibt aber dort kein Platz mehr für Fußgänger*innen.

Wozu braucht es überhaupt so ein strenges Sondernutzungskonzept?

Hintergrund für das im Jahr 2012 beschlossene Konzept waren zunehmende Beschwerden, gerade aus touristisch geprägten Straßen wie der Simon-Dach-Straße. Diese bezogen sich nicht nur auf den Lärm der Kneipengäste. Weil Wirte immer mehr Tische und Stühle herausstellten, kamen Rollstuhlfahrende oder Menschen mit Kinderwagen nicht mehr problemlos vorbei. Das aber ist der Hauptzweck eines Bürgersteigs: Das er Platz für Passant*innen bietet und damit der Allgemeinheit dient. Mit dem Konzept hat das Bezirksamt eine rechtssichere Grundlage geschaffen, um die Sondernutzung eindeutig regeln zu können.

In anderen Straßen leiden die Anwohner*innen viel mehr unter dem Lärm der Kneipen. Warum verbietet das Ordnungsamt nicht lieber dort die „Sondernutzung“, also den Außenausschank?

Das Ordnungsamt darf nicht willkürlich entscheiden. Die oben beschriebenen Regeln gelten für alle, egal in welcher Straße sie ihr Geschäft oder ihre Gastronomie betreiben. Weil die Gehwege in der Simon-Dach-Straße viel breiter sind, bleibt die Sondernutzung dort zulässig.

Im Übrigen darf das Ordnungsamt auch nicht einfach zwischen „lauten“ und „leisen“ Straßen unterscheiden, wenn es über die Vergabe von Flächen entscheidet. Denn rechtlich gesehen sind alle Wirte an die gesetzlichen Lärm-Grenzwerte gebunden. (Ob sie sich an das geltende Recht halten, ist dann eine andere Frage.) Und: Kieze wandeln sich. Eine Straße, die heute als ruhig gilt, kann in wenigen Jahren Kneipenmeile sein.

Kann man nicht einfach Ausnahmeregeln schaffen für ruhige Straßen wie die Mainzer?

Wenn das Ordnungsamt gegen den Grundsatz „gleiches Recht für alle“ verstößt, wird das ganze Konzept juristisch anfechtbar. Zu befürchten wäre dann, dass Gewerbetreibende und Gastronomen auch in anderen Straßen gegen die Beschränkungen klagen. Dann könnte es auch in Kneipenmeilen wieder enger werden – und noch lauter. Was im Klartext heißt: Mehr Stress für die Anwohner*innen dieser Straßen – nachdem das Bezirksamt seit Jahren versucht, die Belastung für sie zu verringern.

Was wird dann jetzt überhaupt noch geprüft?

Der Unterstreifen ist auf der Mainzer Straße breiter als vorgeschrieben. Könnte man einen Teil hiervon der Laufbahn zusprechen, käme man zumindest an Teilen der Mainzer Straße auf die erforderliche Mindestbreite. Das geht aber möglicherweise nicht ohne weiteres. Das Bezirksamt lässt prüfen, ob der Wunsch vieler Anwohner*innen der Mainzer Straße und das Recht in Einklang gebracht werden können, ohne das Sondernutzungskonzept als solches in Frage zu stellen.

Warum gibt es jetzt einen Aufschub für die Gewerbetreibenden bis Ende Oktober?

Zum einen, um Zeit für die genannten Prüfungen zu gewinnen. Zum anderen hat das Bezirksparlament (BVV) um mehr Zeit gebeten, damit die Fraktionen sich an möglichen Nachbesserungen des Sondernutzungskonzeptes beteiligen können.

Warum kommt das Verbot erst jetzt, wenn das Sondernutzungskonzept doch seit 2012 existiert?

Sondernutzungen müssen beantragt und genehmigt werden. Die Genehmigungen laufen nach einigen Jahren aus. Das ist jetzt in der Mainzer Straße der Fall. Für die neuen Anträge gilt das Sondernutzungskonzept als Grundlage.

Warum verwendet das Ordnungsamt seine Arbeitszeit auf die Mainzer Straße, statt Kneipenmeilen wie die Simon-Dach-Straße häufiger zu kontrollieren?

Jede Sondernutzung muss beantragt und genehmigt werden, egal wo. Es spielt also keine Rolle, ob der Antrag aus der Mainzer Straße oder aus dem Wrangelkiez kommt: Das Ordnungsamt muss sich mit jedem Antrag befassen.

Unabhängig davon müssen die erteilten Auflagen natürlich auch kontrolliert werden. Die Kontrolleure des Ordnungsamtes können nicht gleichzeitig überall sein. In Gebieten, in denen sich Beschwerden von Anwohner*innen häufen – etwa im Simon-Dach-Kiez – führt das Ordnungsamt regelmäßig Schwerpunktkontrollen durch.

Übrigens: Für den Lärmschutz (also Messungen der Lautstärke) ist nicht das Ordnungsamt, sondern das Umweltamt zuständig. Beide Ämter stimmen sich eng und regelmäßig ab. Anzeigen wegen Ruhestörung oder nicht genehmigtem Außenausschank kann auch die Polizei aufnehmen.

Gefährdet das Ordnungsamt das Geschäftsmodell der Gewerbetreibenden?

Die Geschäftskalkulation muss immer so gestaltet sein, dass sich ein Betrieb auch ohne Straßenlandnutzung wirtschaftlich trägt. Wie der Name schon sagt, handelt es sich ja dabei um privatwirtschaftliche „Sondernutzungen“ von Flächen, die eigentlich der Allgemeinheit gehören. Das kann immer nur eine Zugabe sein. Neben praktischen Gründen – so kann etwa eine Baustelle das Herausstellen von Tischen vorübergehend unmöglich machen – hat das Kalkulationsgebot noch einen weiteren Sinn: Vermieter von Gewerbeflächen könnten mit dem Argument, dass die Straße „ja dazu gehört“, die Mietpreise in die Höhe treiben. Solche Luxus-Gewerbemieten könnten sich dann tatsächlich nur noch teure, schicke Bars leisten. Der Gewerbemix und die Nahversorgung der Anwohner*innen würden langfristig auf der Strecke bleiben.

Wie steht die SPD-Fraktion zur Debatte um die Mainzer Straße?

Viele Anwohner*innen der Mainzer Straße fordern: „Wir wollen draußen sitzen.“ Das ist aus Sicht der SPD-Fraktion nachvollziehbar. Der Fraktionsvorsitzende Sebastian Forck betont mit Blick auf die Bewohner*innen anderer Straßen aber auch: „Wir sollten das Kind nicht mit dem Bade ausschütten und das Sondernutzungskonzept einfach so über den Haufen werfen.“

Nun geht es darum, die rechtlichen Leitlinien und die Wünsche der Anwohner*innen der Mainzer Straße in Einklang zu bringen. Es wird kein leichter Weg, möglicherweise wird der Versuch scheitern. Auch wird man nie eine Lösung finden, die alle Bewohner*innen unseres Bezirkes glücklich macht. Aber es lohnt sich, darauf hin zu arbeiten.