Bundeswehr-Unterstützung im Einsatz gegen die Corona-Pandemie soll bei Bedarf auch in Friedrichshain-Kreuzberg möglich werden, forderte die SPD-Fraktion. Grüne und Linke lehnten erst ab – nun hilft die Bundeswehr doch.
Ende vergangener Woche berichteten wir in unserem Newsletter noch Folgendes:
Corona-Pandemie: BVV lehnt Bundeswehr-Hilfe weiter ab
Die BVV blockiert weiterhin den Einsatz von Bundeswehr-Angehörigen bei der Kontaktermittlung von Corona-Infizierten in Friedrichshain-Kreuzberg. Ein SPD-Antrag, der dies geändert hätte, fand am Mittwoch keine Mehrheit. Mit diesem Antrag wäre das Bezirksamt beauftragt worden, die organisatorischen und räumlichen Voraussetzungen zu schaffen, um im Bedarfsfall das Hilfsangebot der Bundeswehr in Anspruch nehmen zu können.
Stattdessen wurde mit den Stimmen von Grünen und Linken ein Ersetzungsantrag beschlossen, in dem allerdings auf die angebotene Bundeswehr-Unterstützung überhaupt nicht eingegangen wird. Der Ersetzungsantrag fordert lediglich „geeignete Maßnahmen, um im Verwaltungsbereich zur Kontaktermittlung zusätzliche Personen einsetzen zu können.“ Zuvor hatte Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das Bezirksamt keine Bundeswehrangehörigen einsetzen könne, weil eine Mehrheit der BVV dies ablehne. Die Chance auf eine Neupositionierung des Bezirksparlamentes verstrich am Mittwoch ungenutzt.
SPD-Fraktionschef Sebastian Forck merkte in der BVV-Debatte an, er verstehe nicht, wie das Bezirksamt angesichts der dramatischen Infektionslage auf angebotene Unterstützung verzichten könne. Ihm sei ein Fall bekannt, bei dem ein Corona-Infizierter acht Tage lang vergeblich versucht habe, das Gesundheitsamt zu erreichen. Grüne und Linke argumentierten, das Gesundheitsamt setze bei der Kontaktnachverfolgung auf zusätzliche zivile Kräfte. Dem hielt der SPD-Verordnete John Dahl entgegen: Einstellungsverfahren im Öffentlichen Dienst dauerten länger als eine kurzfristige externe Unterstützung.
Überraschende Kehrtwende
Nun soll die Bundeswehr das Bezirksamt doch unterstützen, wenn auch nicht bei der Kontaktnachverfolgung, sondern im Bereich der Corona-Testungen. Das wurde am Sonntag bekannt. Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann twitterte, das Bezirksamt würde „den Beschluss der BVV am Mittwoch (…) so interpretieren, dass wir nunmehr sehr wohl mit der BW arbeiten können.“ Der Amtsarzt habe bereits Kontakt aufgenommen.
Wie diese Interpretation zustande kommt, wirft allerdings Fragen auf. Schließlich trifft der BVV-Beschluss, durch den Grüne und Linke den SPD-Antrag ersetzt haben, zum umstrittenen Thema Bundeswehr überhaupt keine Aussage (hier nachzulesen). Gleichzeitig haben Grüne und Linke den SPD-Antrag energisch abgelehnt, der aus einem einzigen Satz bestand: „Das Bezirksamt wird beauftragt die organisatorischen und räumlichen Voraussetzungen zu schaffen, um im Bedarfsfall das Hilfsangebot der Bundeswehr im Verwaltungsbereich zur Kontaktermittlung auch in unserem Bezirk in Anspruch nehmen zu können.“ (Zum Antrag) Im Übrigen bezogen sich beide Anträge auf die Aufgabe der Kontaktermittlung – genau dieser Bereich wird jetzt vom Bezirksamt offenbar ausgeklammert.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Sebastian Forck kommentiert auf Twitter:
Jetzt wird ein kastrierter Antrag der eigentlich eine Resolution ist, als grünes Licht für den Einsatz der BW interpretiert der diese mit keinem Wort erwähnt. Und das alles in einer Zeit der Pandemie in der man viel früher die Verantwortung hätte übernehmen müssen. 2/x
— Sebastian Forck (@LordFrog) November 1, 2020