Anlässlich der Verabschiedung des Bezirkshaushaltes haben die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen einen Appell an die Bundes- und Landesebene gerichtet. Sie bitten darum, den Bezirken mehr Finanzmittel für wichtige Aufgaben zur Verfügung zu stellen.
Antrag DS/0077-56/VI
Appell an Landesebene
Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:
Die zwölf Berliner Bezirke sind die Orte in unserer Stadt, an denen der direkte Kontakt der Verwaltung mit den Bürger*innen stattfindet. Es sind auch die Orte, wo man schnell merkt, wenn etwas hakt. Eine lebenswertes Berlin braucht starke, handlungsfähige Bezirke. Die BVV Friedrichshain-Kreuzberg als direkt gewählte Vertretung der Einwohner*innen in Friedrichshain-Kreuzberg hat eine Verantwortung für den Bezirk. Oftmals fehlen dem Bezirk aber die Mittel, um dieser Verantwortung auch vollständig gerecht zu werden.
An vielen Stellen können die Bezirke mit den Mitteln im Bezirkshaushalt nur ihre Pflichtaufgaben wahrnehmen – und auch das oft noch nicht so, wie es unser gemeinsamer Anspruch sein muss. Zur Bewältigung der großen Aufgaben, die vor uns stehen, sind die Bezirke daher auf weitere Mittel von der Bundes- und der Landesebene angewiesen.
Der Koalitionsvertrag und die Richtlinien der Regierungspolitik setzen dabei die richtigen politischen Schwerpunkte. Diese Schwerpunktsetzung muss aber auch finanziell bei den Bezirken ankommen. Auch Sonderprogramme müssen so gestaltet sein, dass sie unkompliziert auf Bezirksebene umsetzbar sind.
Wir wünschen uns auch zukünftig eine gute Zusammenarbeit mit der Landesebene, die auf Augenhöhe stattfindet und die jeweiligen Sichtweisen und Stärken einbezieht. Die derzeit zwischen dem Senat und den Bezirken erarbeitete politische Erklärung zur Verbesserung der gesamtstädtischen Steuerung kann dabei einen weiteren Schritt darstellen. Denn die Erarbeitung und Umsetzung von Ziel- bzw. Projektvereinbarungen kann nur gemeinsam mit Senat und den Bezirken erfolgen. Die dafür benötigten Ressourcen (Sach- und Personalmittel) sollen vom Land bereitgestellt werden. Die Bezirke werden als das Fundament unserer Stadt anerkannt. Das Konnexitätsprinzip soll konsequent umgesetzt und bei der Zuordnung neuer Aufgaben sichergestellt werden, dass die dafür benötigten Ressourcen zur Verfügung stehen. Auch die für Steigerungen von Qualität und Quantität der Leistungserbringung benötigten Ressourcen sollen identifiziert und im Rahmen der Aufstellung des Landeshaushaltes berücksichtigt werden.
In diesem Zusammenhang stellen wir fest, dass der von uns beschlossene Haushaltsplanentwurf zwar nicht mehr unter dem Motto “Sparen bis es quietscht” stehen musste. Dennoch wurde in den Beratungen an vielen Stellen deutlich, dass der Umbau des Bezirks zu einem sozial gerechten, ökologisch nachhaltigen und an die Herausforderungen der Klimakrise angepassten Bezirk mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln nicht zu leisten ist.
Für die Haushaltsberatungen auf Landesebene wünschen wir uns als Ergebnis mehr Mittel für verschiedene Bereiche verstärkte Mittel, um den Erhalt und den Ausbau unserer sozialen und kulturellen Infrastruktur finanzieren zu können: unsere: Bibliotheken, Musikschulen, Volkshochschulen, Kitas, Angebote der Jugendhilfe, Spiel- und Sportplätze, Parks und Grünflächen. Der Erhalt dieser Struktur ist wichtig, um niedrigschwellige Angebote für alle Menschen im Bezirk zu schaffen.
Dies betrifft insbesondere Themen, wo größere sechsstellige Summen benötigt werden, um einen wirklichen Unterschied zu machen. Diese Mittel sind im vorliegenden Bezirkshaushalt nicht abgebildet:
- Um den Bezirk klimaneutral, klimagerecht und zur klimaresilienten Schwammstadt umzubauen, benötigen wir deutlich mehr Mittel. Die bezirklichen Gebäude müssen energetisch saniert und dabei mit Solardächern und Gründächern ausgestattet werden.
- Im Verkehrsbereich muss das Angebot für Rad und Fußverkehr sowie der ÖPNV weiter ausgebaut werden, um eine klimafreundliche Mobilität zu fördern. Wir brauchen mehr Mittel für eine konsequente Umsetzung der Mobilitätswende. Wichtige Stichpunkte sind hierbei die Verbesserung der Verkehrssicherheit und Verkehrsberuhigung, mit einem Schwerpunkt auf Schulwegsicherheit und einer Infrastruktur, die barrierefreie Mobilität ermöglicht. Auch die Verkehrsüberwachung ist ein wichtiger Bestandteil. Wir wollen, dass der Verkehrsüberwachungsdienst dauerhaft abgesichert und in das Ordnungsamt integriert wird. Insgesamt muss das Ordnungsamt personell besser ausgestattet werden, um die wichtigen Aufgaben für die öffentliche Sicherheit und Ordnung besser erfüllen zu können.
- Es werden außerdem deutlich mehr Mittel für die Umsetzung von größeren Entsiegelungsmaßnahmen, für den Erhalt von Straßenbäumen und für die Pflege von Stadtgrün benötigt, auch um die Naherholung unserer Bürger*innen unter Hitzestress zu ermöglichen.
- Die Reinigung und Pflege unserer Grünflächen ist eine große Herausforderung. Eine Verstetigung der Finanzierung des bezirklichen Parkmanagements und der Naturranger*innen durch die Landesebene ist uns deswegen ein wichtiges Anliegen. Gleiches gilt auch für das Projekt der Kiezhausmeister*innen
- Wie schlecht es um den bezirklichen Baumbestand steht, hat der Baumgipfel gezeigt. Mit den vorhandenen Mitteln ist es dem Bezirk nicht möglich, ausreichende Ersatzpflanzungen für die Bäume vorzunehmen, die in den nächsten Jahren aufgrund von Schäden gefällt werden müssen.
- Unsere Spielplätze müssen saubere und sichere Orte für unsere Kinder sein. Der erfolgreiche Einwohner*innenantrag “Spielplätze in Not” hat die großen Bedarfe aufgezeigt. Wir brauchen daher mehr Mittel für die regelmäßige Reinigung und Instandhaltung der Spielplätze und Spielgeräte in unserem Bezirk.
- Der größte Teil der Grundschulkinder in unserem Bezirk wird nach dem Unterricht noch in der ergänzenden Förderung und Betreuung, den sogenannten Schulhorten, betreut. Um dort ein ansprechendes und bereicherndes Umfeld für Begegnung, Spiel und Lernen bereit halten zu können, benötigen wir mehr Mittel für die Anschaffung von Spielgeräten auf unseren Schulhöfen.
- Gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie benötigt auch die Kinder- und Jugendhilfe zusätzliche Mittel, um die psychosozialen Folgen der Pandemie abzumildern
- Der Zielwert für einen sachgerechten Medienetat für die bezirklichen Bibliotheken beträgt 1,50 Euro je Einwohner*in. Dieser Zielwert kann von den wenigsten Bezirken eingehalten werden. Auch in Friedrichshain-Kreuzberg kann der Zielwert in diesem Doppelhaushalt nicht mehr erreicht werden.
- Es muss eine Abkehr von Musterraumprogramm für Schulsporthallen in hochverdichteten Bezirken geben. Nur so kann mehr Platz für inklusiven und auch Vereinssport geschaffen werden. Dabei sollte auch die Möglichkeit existieren, Tribünenplätze in Sporthallen jenseits der 199 Plätze zu schaffen. Zusätzlich braucht der Bezirk die Unterstützung des Senats, um eine Perspektive für das Baerwaldbad zu schaffen.
- Insbesondere am und im Görlitzer Park wird aufsuchende Sozialarbeit dringend benötigt, die jedoch bislang nicht finanziert werden konnte. Dementsprechend sollte mit diesem Doppelhaushalt die notwendige finanzielle Grundlage geschaffen werden. Dafür sind Mittel von bis zu 560.000€ im Jahr notwendig. Ohne eine ausreichende finanzielle Ausstattung durch das Land Berlin, lässt sich diese Aufgabe allerdings nicht realisieren.
- Honorare für Freie Mitarbeiterinnen des Fachbereichs Kultur und Geschichte: Der Fachbereich ist durch Haushaltseinsparungen in seiner Tätigkeit eingeschränkt. Eine Aufstockung der Mittel für Honorarkräfte ist daher erforderlich.
Das Bezirksamt wird beauftragt, sich im Rahmen der Haushaltsverhandlungen auf Landesebene weiter für die Stärkung dieser Punkte einzusetzen.
Begründung:
Im Rahmen der Haushaltsverhandlungen wurde deutlich, dass die im Bezirkshaushalt bereitgestellten Mittel nicht ausreichen, um die in diesem Appell beschriebenen Aufgaben erfüllen zu können.