Die BVV beginnt mit den Beratungen für den Bezirkshaushalt 2022/23. Warum die Bezirksverordneten wenig Spielräume für politische Projekte haben, erklärt der SPD-Fraktionsvorsitzende Sebastian Forck im Gespräch.
Sebastian Forck vertritt die SPD zusammen mit Tessa Mollenhauer-Koch im Haushaltsausschuss der BVV Friedrichshain-Kreuzberg.
In der BVV beginnen die Haushaltsberatungen für die Jahre 2022 und 2023. Warum erst jetzt, wo das erste Haushaltsjahr längst begonnen hat?
Sebastian Forck: Das hängt mit den Wahlen in Berlin im letzten Jahr zusammen. Normalerweise wäre der Haushalt 2022/23 schon im vergangenen Sommer vorbereitet worden, doch da lief gerade die heiße Wahlkampfphase. Danach musste sich auf Landesebene erst eine neue Regierung bilden. Also hat man die Haushaltsverhandlungen an den Anfang des neuen Jahres gestellt, sodass auch die politischen Ziele der neuen Koalition berücksichtigt werden können. Das betrifft dann eben auch uns als Bezirk.
Welche Folgen hat es, dass der Bezirk jetzt aktuell ohne Haushalt dasteht?
Wir befinden uns momentan in der vorläufigen Haushaltswirtschaft. Das bedeutet, es dürfen nur die notwendigen Ausgaben getätigt werden. Das beschränkt leider die Möglichkeiten der BVV, eigene Schwerpunkte zu setzen. Das ist eine unbefriedigende Situation. Und ich habe die Sorge, dass sich das auch später, wenn der Haushalt beschlossen ist, nicht groß verändern wird.
Also geht es aktuell eher darum den Rotstift anzusetzen, als darum, neues Geld zu verteilen?
Es ist der erste Haushalt, den wir während der Pandemie aufstellen. Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Corona spiegeln sich auch in diesem Haushalt wider. Das bedeutet: Was wir in der Vergangenheit an kreativen Möglichkeiten durch zusätzliche finanzielle Töpfe hatten, ist auf ein Minimum begrenzt. Teilweise wissen wir nicht mal mehr, wie wir Programme fortsetzen können, die wir in der Vergangenheit neu gestartet haben. Das Geld ist einfach momentan nicht da. Es ist alles sehr auf Kante genäht und eine wirkliche Schwerpunktsetzung und eine richtige innovative Weiterentwicklung der Politik auf Bezirksebene ist unter diesen Voraussetzungen eigentlich so gut wie gar nicht möglich.
In welchen Bereichen ist das denn besonders zu spüren, lässt sich das schon absehen?
Das betrifft im Endeffekt alle Bereiche. Es gibt hier keine Begrenzung auf nur ein Ressort, es geht wirklich über die Grenzen der Ressorts hinweg. Uns wurde jetzt berichtet, dass man versucht, zumindest etwas Geld verfügbar zu machen, indem man mit kreativen Ideen und Erfahrungen aus der Vergangenheit Gelder anderweitig verplant. Diese Voraussetzung hat über die Ressorts hinweg unser Problem gemindert, es aber nicht gelöst und wir stehen noch immer vor der Auflösung eines enormen Defizits.
In den letzten Haushaltsverhandlungen hat sich die SPD-Fraktion unter anderem für eine bessere Schulreinigung eingesetzt. Welche Akzente will die Fraktion diesmal setzen?
Wahrscheinlich wird es schon eine Herausforderung, die Akzente, die wir in der Vergangenheit gesetzt haben, für die kommenden Jahre abzusichern. Politisch haben wir uns einiges vorgenommen: Wir wollen die Verkehrswende bei uns im Bezirk mit vorantreiben. Wir wollen Wohnungsbau auch innerhalb des S-Bahn-Rings ermöglichen. Im Kulturbereich wollen wir dafür sorgen, dass auch die kleinen Institutionen weiter ihre gute Arbeit machen können.
Ich wage aber zu bezweifeln, dass wir in finanzieller Hinsicht große Sprünge machen können, die über das hinausgehen, was wir in der Vergangenheit erreicht haben. Uns droht ein großes Defizit. Wenn wir das nicht aufgelöst bekommen, könnte sich die Bezirksbürgermeisterin gezwungen sehen, eine Haushaltssperre zu verhängen. Dann könnten wir unsere kreativen Ideen ohnehin nicht umsetzen. Aber im Moment stehen wir am Anfang eines längeren Prozesses. Der Entwurf für den Haushalt geht jetzt in die verschiedenen Fachausschüsse. Dort schauen wir uns genau an, was geht und was nicht geht.