Ein fehlender Haushalts-Beschluss bringt den Bezirk in Bedrängnis: Weil er Eigenmittel nicht aufbringen kann, droht das Klimaanpassungs-Projekt im Wrangelkiez zu scheitern. Die SPD-Verordnete Peggy Hochstätter will das verhindern.
Peggy Hochstätter (SPD) ist Bezirksverordnete in Friedrichshain-Kreuzberg. Sie ist Vorsitzende des Ausschusses für Verkehr und Ordnung und Mitglied im Ausschuss für Umwelt- und Naturschutz, Grünflächen und Klimaschutz
Peggy, du willst mit einem Antrag ein millionenschweres Projekt für den Wrangelkiez retten. Worum geht es dabei?
Das betrifft eine Fläche zwischen Falckenstein- und Cuvrystraße. Der Wrangelkiez stellt mit einer Fläche von mehr als 14.000 Einwohner*innen pro Quadratkilometer einen der am höchsten verdichteten urbanen Bereiche Europas dar.
Das Bundesinnenministerium hat vor einiger Zeit ein Klimaanpassungsprogramm aufgesetzt. Davon hat die SPD-Bundestagsabgeordnete Cansel Kiziltepe erfahren. Sie wusste gleich: Das Programm ist für den Wrangelkiez wie geschaffen. Rund um den Kiezanker gibt es zahlreiche Probleme. Der Spielplatz wird von erwachsenen Menschen genutzt, für die er nicht gemacht ist. Es liegen viele Drogenbestecke herum. Obdachlose campieren dort, weil es an anderen Flächen fehlt.
Kurz vor Ablauf der Bewerbungsfrist hat Cansel Kontakt mit der damaligen Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann aufgenommen. Das bezirkliche Straßen- und Grünflächenamt hat daraufhin einen Entwurf für eine Umgestaltung der genannten Fläche vorgelegt. Damit hat sich der Bezirk beworben und den Zuschlag für eine Förderung bekommen.
Was genau soll mit dem Geld gemacht werden?
Es ist ein Klimaanpassungsprogramm. Es geht also darum, Grünflächen zu schaffen, Böden zu entsiegeln, mehr Bäume zu pflanzen und andere Maßnahmen zu ergreifen, um das Stadtklima zu verbessern.
Gleichzeitig eröffnet die Förderung eine Chance, die vorhandenen Flächen wieder besser nutzbar zu machen und den Kiez insgesamt ein Stück lebenswerter zu gestalten. Weil es sich um ein sehr stark genutztes Gebiet handelt, reicht es aber nicht, da einmalig etwas hinzusetzen. Wir brauchen auch eine fortführende Pflege.
Wo liegt nun das Problem?
Der Bund ist bereit, das Projekt im Wrangelkiez mit bis zu 990.000 Euro zu fördern – eine enorme Summe! Das Geld gibt es aber nur, wenn die Kommune auch selbst einen Teil dazusteuert. Er muss sich mit etwa zehn Prozent beteiligen. Das dafür nötige Geld hat der Bezirk bereits in seine Investitionsplanung mit aufgenommen. Aber: Seit dem 1. Januar haben wir eine vorläufige Haushaltswirtschaft. Das führt dazu, dass Gelder nicht mehr so einfach zur Verfügung gestellt werden können.
Vorläufige Haushaltswirtschaft – was bedeutet das?
Wir haben für das Jahr 2022 keinen beschlossenen Haushalt. Im vergangenen Jahr sind die BVV und das Abgeordnetenhaus neu gewählt worden. Bis die Parlamente voll arbeitsfähig sind, dauert es immer eine Weile. Nun ist das Problem: Die BVV muss den Haushaltsplan 2022 erst noch beraten und beschließen, und danach muss er vom Abgeordnetenhaus bewilligt werden. Das kann bis Mai dauern oder noch länger. Vereinfacht gesagt: Solange der Haushaltsplan nicht steht, darf der Bezirk nur fortlaufende Kosten wie Gehälter oder Sozialleistungen weiter bezahlen, aber keine neuen Projekte.
Zurück zum Wrangelkiez: Wie ist da der Stand?
Der Bezirk muss beim Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) eine Skizze einreichen, die den Inhalt des Projektes konkretisiert. Das setzt eine umfangreiche Bürger*innenbeteiligung voraus, mit der auch die Nachbarschaft und die verschiedenen sozialen Gruppen im Kiez eingebunden werden. Dafür muss ein spezieller Projektsteuerer beauftragt werden. Und die dazu nötigen Mittel muss der Bezirk bis Februar nachweisen. Ohne beschlossenen Haushalt ist das schwierig, aber die Zeit drängt.
Was bezweckt dein Antrag für die BVV?
Ich wünsche mir ein klares Signal der BVV und will das Bezirksamt darin bestärken, sich auf allen Ebenen für das Wrangelkiez-Projekt einzusetzen. Der Bezirk muss den anderen beteiligten Behörden deutlich machen, dass die Mittel bald bereitstehen werden, auch wenn er gerade nur vorläufig planen kann. Die Förderung muss unbedingt erhalten bleiben und darf jetzt nicht scheitern, nur weil der Zeitpunkt gerade ungünstig ist. Bezirksamt und BVV müssen gemeinsam dafür kämpfen, dass der Bund seine Mittel nicht zurückzieht.
Den Antrag hast du am vergangen Dienstag in die BVV eingebracht. Ist schon Bewegung in die Angelegenheit gekommen?
Ich weiß, dass das Straßen- und Grünflächen sich sehr für den Erhalt des Projektes stark macht. Das wurde mir gerade noch einmal bestätigt. Die ganze Verwaltung und die Bezirksverordneten wissen, dass es wirklich ein Gewinn für Friedrichshain-Kreuzberg und insbesondere die Kinder im Kiez wäre. Eine knappe Million – so eine Summe könnte der Bezirk alleine nie aufbringen. Ich hoffe nur, dass mein Antrag nicht erst zur Beratung in Ausschüsse überwiesen wird. Diese Zeit haben wir nicht mehr.
Sind denn auch andere Projekte von den Problemen betroffen, die eine vorläufige Haushaltswirtschaft mit sich bringt?
Leider ja. Zum Beispiel das Kita- und Spielplatz-Sanierungsprogramm (KSSP). Wichtige Sanierungsarbeiten an unseren Spielplätzen können gerade nicht beauftragt werden, weil wir die Mittel nicht haben. Dadurch verschieben sich die Arbeiten nach hinten. Das ist wirklich misslich. Nicht zuletzt der Einwohner*innen-Antrag „Spielplatz in Not“ hat deutlich gemacht, wie wichtig gut gepflegte Spielplätze für die Kinder und Familien in unserem Bezirk sind.
Die Fragen stellte Carl-Friedrich Höck.