Mit einer Veranstaltung am 2. November wurde ein „Masterplanverfahren“ für das RAW-Gelände eingeleitet. Unsere Verordnete Tessa Mollenhauer-Koch war dabei und erzählt, welche Eindrücke sie gewonnen hat.
Tessa Mollenhauer-Koch ist Bezirksverordnete und Mitglied der SPD-Fraktion in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg.
Tessa, Du hast in der vergangenen Woche die Infoveranstaltung „Werkstatt Masterplan RAW 2021“ besucht. Worum ging es da?
Tessa Mollenhauer-Koch: Eingeladen hatte der Eigentümer Lauritz Kurth. Auf dem Podium war noch Herr Falkenhagen vom „Soziokulturellen L“ und Baustadtrat Florian Schmidt. Es war eine öffentliche Veranstaltung für alle Interessierten. Thema war, wie es jetzt weitergeht mit dem RAW-Teilabschnitt, der der Familie Kurth gehört. Und wie das Planungsrechtsverfahren – der Strukturplan, wie Kurth es nannte – aussehen soll.
Die Debatte um das RAW-Gelände läuft bereits einige Jahre. Kannst Du uns einen kurzen Überblick geben, was der aktuelle Stand ist und was uns noch bevorsteht?
Theoretisch ist noch gar nichts geschafft. Bisher gibt es wohlwollende Bekundungen des Bezirks, wohlwollende Bekundungen des Investors und kritische Anteilnahme des Soziokulturellen Ls.
Den Begriff des „Soziokulturellen L“ muss man vielleicht einmal kurz erklären. Worum dreht sich die Debatte?
Das Soziokulturelle L bezeichnet eine Gruppe von Nutzer*innen des Geländes. Das sind vor allem die Künster*innen vor Ort, die Skaterhalle, der Biergarten, das Freiluftkino und das Cassiopeia. Sie haben den Verein „RAW Kultur L“ gegründet, der sich für den Erhalt dieser Angebote einsetzt. Dazu gehören auch bezahlbare Mieten. Schon jetzt ist es ja so, dass die Künster*innen weniger Miete zahlen als zum Beispiel die Skatehalle, die auch mehr Profit machen kann.
Das Problem ist: Es gibt viele Untergruppen, die unterschiedliche Interessenslagen haben und nicht immer alle einer Meinung sind. Auf dem Podium saß jetzt zum Beispiel nur eine Vertreterin des Soziokulturellen L. Andere fühlten sich davon nicht mitgenommen. Ich denke aber, dass die Nutzer*innen dahin kommen müssen, dass sie mit einer Stimme sprechen. Letztlich werden sie zwei oder drei Vertreter*innen benötigen, die für alle sprechen und Prokura haben.
Welche Themen haben die Infoveranstaltung geprägt?
Eine viel geäußerte Kritik ist, dass die DNA des RAW-Geländes, wie es jetzt existiert, nicht bestehen bleibt. Das bestreitet auch niemand. Die Kurth-Gruppe will vorne an der Warschauer Straße, wo jetzt noch ein Döner-Imbiss steht, ein großes Hochhaus bauen. Und Kurth möchte, dass dort Büros entstehen. Auch hinter dem Biergarten an der Skaterhalle gibt es ein neues Gebäude, wo kommerzielle Nutzung eingezogen ist. Diese beiden Blöcke sollen die Mischfinanzierung für das soziokulturelle L ermöglichen. Aber es wird Veränderungen auf dem Gelände geben, die Clubs werden umziehen. Davor haben ganz viele Menschen Angst.
Eine weitere Kritik auf der Veranstaltung war, dass mit den Neubauten zu viel versiegelt werde. Darauf wurde geantwortet: Das Gelände sei bereits versiegelt, es werden keine Bäume gefällt, sondern es wird nach oben gebaut.
Die Veranstaltung sollte auch über den „Masterplan RAW informieren. Was hat es damit auf sich?
Kurth hat noch einmal den Ablaufplan präsentiert, wie er sich das vorstellt. Eine Art dreistufiges Konzeptverfahren. Es soll bis Ende des Jahres ein fachliches Gremium geben, wo das Bezirksamt dabei ist und Architekten sowie der Besitzer und vereinzelt Sprecher*innen des Ls. Sie sollen ein Konzept erarbeiten. Dieser Entwurf soll bis Ostern der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Danach soll es einen sogenannten Masterplan geben, also eine grobe Skizze, wie es weitergehen soll. Zu jeder der drei Stufen soll es öffentliche Veranstaltungen geben. Der Baustadtrat Florian Schmidt wünscht sich außerdem noch eine Bauhütte, also ein Gebäude auf dem Gelände, wo alle ihre Kritik und Wünsche äußern können – so ähnlich wie am Kotti. Er weiß aber noch nicht, wie das finanziert werden kann. Da bin ich mal gespannt, ob er eine Lösung findet.
Am Ende soll es einen städtebaulichen Entwurf geben, der dann in die BVV eingebracht wird. Aber an dem Punkt sind wir noch lange nicht. Mein Gefühl ist, dass uns das Thema noch in der ganzen Wahlperiode begleiten wird.
Worüber wurde noch diskutiert?
Über die Themen Lärm und Sicherheit. Es gibt Sorgen wegen des zu erwartenden Baulärms. Aber auch die aktuelle Situation ist schwierig, die Probleme der Vor-Corona-Zeit kehren zurück. Es werden Drogen verkauft, es gibt Taschendiebstähle … das ist alles wieder da.
Welche Akzente will die SPD in dem Verfahren setzen?
Wir werden das in den Ausschüssen nah begleiten und den zuständigen Stadtrat immer wieder nach dem Stand der Dinge fragen. Und wir wollen unsere Kontakte nutzen, damit sich die BVV ein möglichst umfassendes Bild von der Thematik machen kann. Der SPD-Abgeordnete Sven Heinemann aus Friedrichshain ist ja auch Mitglied im Vorstand des soziokulturellen L. Ihn werden wir öfter in die Fraktion einladen, damit er uns berichten und auch die Sicht der Mieter*innen schildern kann. Mein Eindruck ist, dass bei diesem Thema ganz viele Gespräche parallel am Rande geführt werden. Das müssen wir bündeln und die verschiedenen Belange auch auf BVV-Ebene in unsere Entscheidungen einbeziehen.