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Sebastian Forck

„Schmidt hat mit Bezirksgeldern spekuliert – ohne Netz und doppelten Boden“

Die SPD-Fraktion kritisiert die Amtsführung von Baustadtrat Florian Schmidt (B90/Grüne). Zur BVV bringen die Sozialdemokrat*innen einen Abwahl- und einen Missbilligungsantrag ein. Der Fraktionsvorsitzende Sebastian Forck erklärt die Gründe.

Warum stellt die SPD-Fraktion den Antrag, Baustadtrat Florian Schmidt abzuberufen?

Sebastian Forck: Der Ausgangspunkt war die Causa Diese eG. Ende letzten Jahres gab es Medienberichte, laut denen Schmidt bei der Ausübung des Vorkaufsrechtes hohe finanzielle Risiken eingegangen ist. Wir wollten uns daraufhin einen Überblick verschaffen, was genau da passiert ist, und zwar aus erster Hand. Deshalb haben wir im Januar Akteneinsicht beantragt. Unser Eindruck war dann, dass die uns vorgelegten Akten nicht vollständig waren. Das wurde nun von der Innenverwaltung bestätigt: Unser Recht auf Akteneinsicht ist beeinträchtigt worden, zumindest zum damaligen Zeitpunkt. Das ist der erste Punkt, und der wiegt schwer, denn es geht um demokratische Kontrollrechte. Dass das Bezirksamt nun auch noch versucht, sich mit gezielten Falschmeldungen selbst von jedem Fehlverhalten freizusprechen, verschlimmert die Sache nur noch.

Und der zweite Punkt?

Der Stadtrat hat beim Vorkaufsrecht tatsächlich pflichtwidrig gehandelt. Dazu liegen nun die Fakten auf dem Tisch. Vereinfacht gesagt: Schmidt ist in Vorleistung für eine Genossenschaft gegangen, ohne ausreichend zu prüfen, ob die den Ankauf der betreffenden Häuser finanziell stemmen kann. Der Landesrechungshofbericht hat festgestellt, dass dem Bezirk ein finanzieller Schaden von 270.000 Euro entstanden ist. Zwischenzeitlich gab es sogar ein Finanzrisiko von 27 Millionen Euro, mit dem der Baustadtrat gespielt hat. Schmidt hatte seinerzeit geleugnet, dass für den Bezirk Haftungsrisiken entstehen. Für diese Rechtseinschätzungen gab es aber überhaupt keine Grundlage. Er hat das Rechtsamt nicht mit einbezogen, die Finanzstadträtin war ebenfalls nicht beteiligt. Schmidt hat ohne Netz und doppelten Boden mit den Geldern des Bezirks spekuliert. Das hätte uns in den Ruin treiben können.

Was muss denn passieren, damit der Abwahlantrag Erfolg hat? Sind Schmidts Tage im Amt schon gezählt?

Ich befürchte: leider nicht. Damit der Abwahlantrag Erfolg hat, müssten zwei Drittel aller Bezirksverordneten ihn mittragen. Allein die Grünen stellen mehr als ein Drittel der BVV-Sitze. Es müssten also auch Mitglieder der Grünen-Fraktion für die Abberufung stimmen. Dieses Quorum ist kaum zu erreichen, solange Schmidts Partei sein Treiben mitträgt. Das ist uns bewusst, dennoch ist es wichtig, dass wir mit dem Antrag ein Zeichen setzen. Wir positionieren uns damit klar. Die Art und Weise, wie Schmidt sein Amt ausübt, verstößt gegen Recht und Gesetz und ist nicht vertretbar. Er hat gegen seinen Amtseid verstoßen und gehört aus dem Amt entfernt.

Neben dem Abwahlantrag hat die SPD-Fraktion zusätzlich einen Antrag auf Missbilligung der Amtsführung von Schmidt gestellt. Warum?

Damit wollen wir ein Signal setzen für den Fall, dass die Grünen ihren Stadtrat weiter stützen und eine Abberufung verhindern. Das Quorum für eine Missbilligung liegt niedriger, hierfür genügt eine einfache Mehrheit. Und eine Missbilligung würde deutlich machen, dass Schmidt für die Art und Weise seiner Amtsführung nicht weiter auf Rückendeckung der BVV zählen kann – vor allem was Vorgehensweisen betrifft, wie sie der Rechnungshof bemängelt hat. Eine Missbilligung ist wie eine Gelbe Karte: Sie hat erst einmal keine rechtlichen Konsequenzen. Nachdem Schmidts Amtsführung im vergangenen Jahr schon einmal vom Bezirksparlament missbilligt wurde, müsste jetzt eigentlich Gelb-Rot folgen. Aber solange die Grünen nicht einlenken, ist es wie bei einem Fußballspiel, bei dem der Schiedsrichter die Rote Karte zuhause vergessen hat.

Natürlich könnte der Baustadtrat auch selbst die Konsequenzen aus seinem Fehlverhalten ziehen und zurücktreten. Wie wahrscheinlich ist dieses Szenario?

Ich wünschte, er hätte diese Weitsicht. Aber ich glaube nicht, dass Florian Schmidt zu so einer Einsicht in der Lage ist. Ihm fehlt das Unrechtsbewusstsein. Mein Eindruck ist, dass er gar nicht begriffen hat, welchem Risiko er den Bezirk ausgesetzt hat und welchen Schlamassel er verursacht hat. Dem Vorkaufsrecht hat er einen Bärendienst erwiesen, indem er das Vertrauensverhältnis zum Senat zerstört hat. Er wird also kaum von selbst zurücktreten. Meine einzige Hoffnung ist, dass die Berliner Grünen ihrem Bezirksverband klarmachen, dass es so nicht weitergehen kann. Denn Schmidt hat rechtsstaatliche und demokratische Prinzipien unterhöhlt und damit der politischen Kultur im Land Berlin geschadet.

 

Das Gespräch führte Carl-Friedrich Höck