Eine Fläche am Columbiadamm sollte eigentlich für den Sport freigehalten werden. Doch Baustadtrat Florian Schmidt lässt dort Wohnungsbau prüfen. SPD-Fraktionsvize Frank Vollmert erklärt, warum er dies stoppen will.
Frank Vollmert ist sportpolitischer Sprecher und stellvertretender Vorsitzender der SPD-Fraktion in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg.
Eigentlich scheint die Sache klar: Der Bezirk soll neue Sportplätze schaffen, und zwar dort, wo sich heute das Regenwasserbecken am Columbiadamm Ecke Lilienthalstraße befindet. So hat es die BVV schon zweimal beschlossen. Warum hat die SPD-Fraktion jetzt trotzdem wieder einen Antrag eingebracht, der genau das fordert?
Anlass war die Beantwortung einer Schriftlichen Anfrage, in der ich den Sachstand zum Regenrückhaltebecken abgefragt habe. Da hat mir Baustadtrat Florian Schmidt mitgeteilt, dass es derzeit Vorplanungen von ihm mit einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft gibt, auf dieser Fläche Wohnungsbau zu realisieren. Da sind bei mir die Alarmglocken angegangen. Denn genau diese Aktivitäten wollten wir in der Vergangenheit mit einem Antrag ja eigentlich unterbinden. Dass diese Vorplanungen weiterhin betrieben werden war Anlass, erneut in dieser Sache aktiv zu werden und klarzustellen, was die SPD-Fraktion und hoffentlich die gesamte BVV an dieser Stelle haben möchte, nämlich Sportflächen.
Wohnungen werden doch auch benötigt. Was spricht dagegen, die Fläche einfach für beides zu nutzen?
Mehrere Gründe sprechen dagegen. Erstens haben wir einen eklatanten Mangel an Sportplätzen im Bezirk. Das Regenrückhaltebecken ist gerade in Kreuzberg die letzte realistische Potenzialfläche, um dort mittelfristig einen Sportplatz zu errichten. Ansonsten gibt es keinen Platz mehr.
Der zweite Punkt ist: In Rufweite zu dieser Stelle besteht bereits der Züllichauer Sportplatz. Der wird eingerahmt von einer Kleingartenkolonie. Weitere Sportflächen an dieser Stelle machen einfach Sinn, zumal dabei auch die Kleingartenkolonie erhalten werden könnte.
Gerade in Innenstadtbezirken gibt es immer wieder Probleme zwischen Wohnenden und Sporttreibenden. Denn Sport ist eben auch mit Lärm verbunden, und das führt oft zu Klagen. In Rufweite befinden sich auch noch Außenflächen des Sportvereins „Turngemeinde in Berlin“ (TiB). Die Wohnbebauung würde nicht nur den Sport auf der Züllichauer und auf den neu zu errichtenden Sportplätze bedrohen, sondern auch die Außenanlagen von TiB. Deshalb wäre eine Wohnbebauung an dieser Stelle ein Fehler.
Der erste Beschluss, am Regenrückhaltebecken Sportflächen zu errichten, ist schon acht Jahre her. Wie ist der Plan damals eigentlich zustande gekommen – und warum gerade hier?
Begonnen hat alles mit dem Ankauf der Fläche des Tempelhofer Feldes – des ehemaligen Flughafens – durch das Land Berlin. Mit der Aufgabe des Flughafens stand auch das Regenwassermananegement zur Disposition, und es wurde beabsichtigt, das Regenrückhaltebecken in seiner jetzigen Funktion aufzugeben. Durch den Volksentscheid „100% Tempelhofer Feld“ waren die urprünglichen Planungen, auf Teilflächen des Tempelhofer Feldes Sportflächen zu errichten, ja obsolet. Nichtsdestotrotz wird das Regenwasserbecken perspektivisch nicht mehr benötigt und das war der Moment für uns als Bezirkspolitik, den Finger auf die Stelle zu legen und zu sagen: Wir brauchen hier Sport und nichts anderes als Sport, denn andere Flächen haben wir in Kreuzberg nicht mehr.
Du forderst den Bezirk auch auf, die Kleingartenkolonie am Columbiadamm in ihrem jetzigen Bestand abzusichern. Siehst du die Gärten denn bedroht? Und was spricht dagegen, sie bei Bedarf einfach umzusiedeln?
Ich sehe die Kleingartenkolonie durch die Vorplanungen des Baustadtrates tatsächlich gefährdet. Es ist unlogisch, auf dem Regenrückhaltebecken Wohnbebauung zu planen und daneben direkt Sportflächen. Die Prozessbeteiligten wären gezwungen, die Kleingartenkolonie in ihrem Bestand aufzuheben und neu anzuordnen, damit man Wohnbebauung, Sportflächen und Kleingartenkolonie unter einen Hut kriegt.
Ich finde diesen Weg falsch, weil er eine jahrzehntealte Kolonie quasi dem Erdboden gleich macht und man sie völlig neu aufbauen müsste. Das würde nicht nur für jeden Kleingärtner und jede Kleingärtnerin enorme Kosten verursachen. Es würde auch der Baumbestand plattgemacht und die gewachsene Biomasse. Das ist unsinnig. Wir wollen an dieser Stelle auch keinen Aufwertungsdruck auslösen, sondern den Schulterschluss von Sport und Kleingärten beibehalten – die in den vergangenen Jahrzehnten immer gut zusammengearbeitet und sich als Nachbarn nie gefährdet haben. Dieses symbiotische Verhältnis durch eine Wohnbebauung aufzubrechen wäre fahrlässig.
Den Antrag der SPD-Fraktion zum Regenrückhaltebecken finden Sie auf der Website der BVV Friedrichshain-Kreuzberg.
Das Gespräch führte Carl-Friedrich Höck.