SPD-Fraktionschef Andy Hehmke im Interview über die Arbeit der BVV und die Zukunft der Bezirksfinanzen.
Seit einem Jahr ist die neue Bezirksverordnetenversammlung in Friedrichshain-Kreuzberg im Amt. Wie fällt Ihre Zwischenbilanz als Vorsitzender der SPD-Fraktion aus?
Insgesamt positiv. Wir haben einen Haushalt verabschiedet und dabei unsere Prioritäten durchgesetzt:
SPD-Fraktionschef Andy Hehmke im Interview über die Arbeit der BVV und die Zukunft der Bezirksfinanzen
Seit einem Jahr ist die neue Bezirksverordnetenversammlung in Friedrichshain-Kreuzberg im Amt. Wie fällt Ihre Zwischenbilanz als Vorsitzender der SPD-Fraktion aus?
Insgesamt positiv. Wir haben einen Haushalt verabschiedet und dabei unsere Prioritäten durchgesetzt: Erhalt der sozialen Infrastruktur, keine Schließung von Einrichtungen und Projekten, mehr Geld für Bibliotheken, für die Sportförderung, für Angebote der Familienbildung und -begegnung und die Ausstattung der Gleichstellungs-, der Migrations- und der Behindertenbeauftragten. Zurzeit beschäftigen wir uns stark mit den öffentlichen Liegenschaften im Bezirk. Wir wollen, dass gerade die landeseigenen Grundstücke nicht meistbietend verscherbelt werden, sondern an Interessenten gehen, die Konzepte für Wohnen für Einkommensschwächere mit Kulturangeboten sowie sozialer Infrastruktur verbinden. Eine Änderung für einen Bebauungsplan – Stichwort: Bar 25 – haben wir hier bereits beschlossen.
Im Gegensatz zum Land arbeitet die SPD im Bezirk mit den Grünen zusammen. Wie läuft es bisher?
Insgesamt eher sachlich und lösungsorientiert. Wir haben ja keine Koalition auf breiter Linie geschlossen, sondern lediglich eine Kooperation zu sieben Themenfeldern verabredet. Hier stimmen wir uns regelmäßig ab. Darüber hinaus gibt es bei Bedarf eine Abstimmung der Fachpolitiker in den Ausschüssen. Bisher gab es kaum größere Konfliktthemen wie in der letzten Wahlperiode. Ich lege aber Wert darauf, dass wir informell den Draht zu den anderen Fraktionen halten. Die machen es uns allerdings schwer: Chaos, Spaltung und Profilierungssucht bei den Piraten, Orientierungsprobleme bei den Linken, Nichtstun bei der CDU. Die inhaltliche Arbeit der BVV wird geprägt durch SPD und Grüne.
In den letzten zwei Jahren wurde in Friedrichshain-Kreuzberg gleich zweimal eine Haushaltssperre verhängt. Wie steht es zurzeit um die Finanzen?
Gar nicht gut. Seit der Bezirksfusion bis zu den letzten Wahlen verantwortete die SPD im Bezirksamt die Finanzen. Das Ergebnis dieser Politik ist sichtbar: Wir sind kein Schuldenbezirk, haben nicht wie viele andere Bezirke die Projektelandschaft rasiert. Uns ist auch nicht plötzlich aufgefallen, dass wir ganze Verwaltungsgebäude nicht mehr brauchen. Unsere Hausaufgaben hatten wir lange zuvor gemacht. Doch jetzt kommen wir an das Ende des Möglichen. Die Prognosen für dieses Jahr gehen von einem Millionendefizit aus, weil die Transferkosten im Sozialbereich aus dem Ruder laufen. Eine Kompensation durch mehr Effizienz und Budgetierungsgewinne in anderen Bereichen ist nicht mehr möglich, das ist ausgeknautscht. Ein zusätzlicher Controller im Sozialamt hat keine Erklärung geliefert, der verantwortliche Stadtrat der Linken auch nicht. Der Haushaltsausschuss wird sich intensiv damit befassen bis wir zu schlüssigen Erklärungen und Lösungen kommen. Da bleiben wir hart!
In der Verwaltung sollen zudem 139 Stellen wegfallen. Was bedeutet das für die Bürger?
Es ist uns zwar gelungen, die Vorgabe bei den zu streichenden Stellen von ursprünglich 200 zu senken, aber auch 139 Stellen abzubauen, ist ohne deutliche Einschnitte in die Leistungsfähigkeit der Verwaltung nicht umsetzbar. Wenn es dabei bleibt, gibt es drei Möglichkeiten: Entweder der Stellenwegfall verläuft ungesteuert, je nachdem wer wann in welchem Amt in Rente oder Pension geht. Die zweite Möglichkeit ist die Definition von Aufgaben, die wir gar nicht mehr oder nicht mehr im selben Umfang erledigen, weil uns das kein Gesetz genau vorschreibt. Dann ist die Gefahr groß, dass Bibliotheken, Jugendfreizeitstätten und weitere Einrichtungen geschlossen werden. Der dritte Ansatz ist die Übertragung von Aufgaben an Unternehmen bzw. frei-gemeinnützige Träger. Da müssten wir die Aufgaben allerdings auch weiter aus unserem Haushalt finanzieren. Letztlich wird es harte, für alle spürbare Einschnitte geben – egal wie das umgesetzt wird.
Welche Probleme wird die SPD-Fraktion in den kommenden Monaten angehen?
Es gibt noch viele dicke Bretter zu bohren. Wir suchen weiter die Diskussion mit der Landespolitik, um das Personalabbaukonzept noch abzumildern oder zu ergänzen. Wir werden bei den Transferkosten im Sozialbereich gegensteuern. Wir wollen öffentlichen Wohnungsneubau auch bei uns im Bezirk haben und werden öffentliche Flächen dafür vorschlagen. Wir werden uns mit den öffentlichen Wohnungsgesellschaften darüber unterhalten, wie diese die Landesbeschlüsse zur Mietpreisdämpfung umsetzen. Wir werden nach Verabschiedung der Verordnung im Senat die Zweckentfremdung von Wohnraum zielgerichtet im Bezirk bekämpfen. Und wir werden uns verstärkt dem Thema Jugendarbeitslosigkeit zuwenden.
Das Interview erschien auch in der aktuellen Ausgabe des Berliner Stadtblatts.