Eigentlich sollte das Bezirksamt ein Konzept vorlegen, wie es in eigener Zuständigkeit den Ausbau von barrierefreien Bus- und Tramhaltestellen vorantreiben will. So hat es die BVV Friedrichshain-Kreuzberg im Februar 2020 beschlossen. Bisher lässt das Bezirksamt jedoch wenig Bemühen erkennen, den Antrag umzusetzen. Ein Bericht („Vorlage zur Kenntnisnahme“) vom Juni 2020 enthält kaum klare Aussagen, was das Bezirksamt plant. Ein konkreter Zeitplan fehlt komplett, und auch Angaben zum benötigten Personal sucht man vergebens. Eine Sitzung des Umwelt- und Verkehrsausschusses in der vergangenen Woche, in der das Thema auf der Tagesordnung stand, erbrachte ebenfalls kaum neue Erkenntnisse.
Die SPD-Bezirksverordnete Hannah Lupper ärgert sich: „Gesetzlich ist vorgeschrieben, dass der ÖPNV bis Anfang 2022 vollständig barrierefrei sein soll. Schon 2019 hat das Bezirksamt auf meine Nachfrage erklärt, dass es diesen Termin kritisch sieht, weil Personal fehle. Deshalb wollten wir mit dem BVV-Beschluss erreichen, dass das Bezirksamt wenigstens einen Plan vorlegt, wann und wie es den barrierefreien Ausbau umzusetzen gedenkt: Welche Mittel und welches Personal werden benötigt? Wo hakt es noch? So etwas muss doch die BVV wissen. Stattdessen liegt uns bisher nur ein Zwischenbericht vom Juni vor, der aus fünf Sätzen besteht und kaum etwas aussagt. Das ist mir einfach zu wenig.“
Lupper stellt zudem fest: „In seiner Vorlage verweist das Bezirksamt erstmal auf die Zuständigkeit der BVG. Das ist nicht falsch: Tatsächlich baut die BVG U-Bahnhöfe und Straßenbahnhaltestellen barrierefrei um. Vor allem bei Bushaltestellen ist aber auch der Bezirk gefragt. Außerdem reicht es nicht, wenn die Haltestelle selbst barrierefrei ist, man sie aber mit Rollstuhl kaum erreichen kann – da muss man auch das Umfeld mit in den Blick nehmen. Ich würde mir wünschen, dass der Bezirk flächendeckend prüft: Wo befinden sich Hindernisse, die wir beseitigen müssen? Vorerst plant das Bezirksamt nur Stückwerk: Lediglich da, wo sowieso Straßenbauvorhaben geplant sind, wird Barrierefreiheit mitgedacht.“
Auch in der jüngsten Verkehrsausschusssitzung habe das Bezirksamt keine neuen Informationen vorgelegt. „Es hieß: Wenn der Bezirk aktiver werden soll, müsse das eben bei den nächsten Haushaltsberatungen thematisiert werden. Aber dafür bräuchten wir Transparenz: Welche Ressourcen benötigt das Bezirksamt?“
Das Bezirksamt schiebe das Thema auf die lange Bank, kritisiert Lupper. Sie will anregen, dass der Verkehrsausschuss künftig regelmäßig über die Fortschritte beim Thema Barrierefreiheit unterrichtet wird. „Wenn das Bezirksamt die Verantwortung von sich wegschiebt, müssen wir eben selbst dafür sorgen, dass das Thema immer wieder auf die Tagesordnung kommt.“
Die verkehrspolitische Sprecherin der Fraktion Peggy Hochstätter betont: „Barrierefreiheit ist ein wichtiger Baustein unseres Fußverkehrskonzept. Barrierefreiheit bedeutet Teilhabe. Barrierefreiheit hinsichtlich des Verkehrs bedeutet, ein selbstbestimmtes Leben führen zu können und ist das Herzstück moderner Mobilität. Erst barrierefreie Wege machen den MIV, das Auto verzichtbar. Wir lassen uns da nicht mit ein paar Sätzen abspeisen.“