Die BVV Friedrichshain-Kreuzberg hat am Mittwoch eine Allgemeinverfügung für die Simon-Dach-Straße mehrheitlich abgelehnt. Ein Antrag der SPD-Fraktion sah vor, den Außenausschank an Wochentagen einheitlich bis 23 Uhr und am Wochenende bis 24 zu erlauben. Der Antrag scheiterte in der BVV unter anderem an den Gegenstimmen von den Grünen und Linken.
Mit der Allgemeinverfügung sollten die Anwohner*innen besser vor Lärm geschützt werden. Der Hintergrund: Die bestehenden Auflagen für Gastronomen lassen sich in der Praxis oft schwer überprüfen. Die Mitarbeiter*innen des Ordnungsamtes dürfen laut Gesetz nur bis 22 Uhr arbeiten, anschließend ist die Polizei zuständig. Die Polizei hat jedoch aufgrund zahlreicher anderer Aufgaben nur wenig Kapazitäten, um zu überprüfen, ob die Gastwirte tatsächlich ihre Auflagen einhalten. Besonders aufwendig werden die Kontrollen dadurch, dass bisher für die verschiedenen Kneipen und Restaurants unterschiedliche „Sperrstunden“ für den Außenausschank gelten.
Eine Allgemeinverfügung mit fairen und einheitlichen Fristen hätte der Polizei also die Kontrollen erleichtert. „Die Polizei hat zu der Allgemeinverfügung Stellung genommen und gesagt, dass sie helfen würde“, betont Stephan Ott, Sprecher der SPD-Fraktion für Ordnungsamtsangelegenheiten. Mit dem Vorschlag einer 23/24-Uhr-Regelung habe die SPD auch die Interessen der Gastronomen und Gäste angemessen berücksichtigt.
In einem begrenzten Gebiet sollte die Allgemeinverfügung nun als Pilotversuch getestet werden – so war jedenfalls der Plan der SPD-Fraktion und des Ordnungsamt-Stadtrats Andy Hehmke (SPD). Die Erfahrungen hätte man dann auswerten können, um die Frage zu beantworten, was eine Allgemeinverfügung bringt. Das erklärte Hehmke am Mittwoch in der BVV und ergänzte: „Es wäre wert, sich das mal anzuschauen.“
Gescheitert ist dieses Vorhaben nun an der BVV-Mehrheit. Die Grünen lehnten die Allgemeinverfügung ab und forderten, stattdessen nur gegen einzelne Betriebe vorzugehen. Der SPD-Bezirksverordnete Stephan Ott hält dem entgegen, dass die Lärm-Grenzwerte eben nicht nur vor wenigen Betrieben überschritten werden: „Wir haben flächendeckenden Rechtsbruch in Sachen Lärmschutz.“
Besonders erstaunlich war das Abstimmungsverhalten der Fraktion die Linke. Diese hatte die Debatte um eine Allgemeinverfügung im vergangenen Sommer selbst mit angestoßen und noch Anfang März im Ordnungsamts-Ausschuss für den SPD-Antrag votiert. Nun stimmte die Linke plötzlich dagegen. Als Begründung hieß es lapidar, eine Allgemeinverfügung greife zu kurz.
„Diese Argumente sind scheinheilig und absurd“, kommentiert der SPD-Fraktionsvorsitzende Sebastian Forck. „Wir haben von Anfang an gesagt: Eine Allgemeinverfügung alleine löst die Lärmprobleme nicht. Sie kann aber ein wichtiger Schritt sein. Der Bezirk hat bereits vieles ausprobiert, um zwischen Gastronomen, Besuchern und Anwohnern zu vermitteln. Dennoch übersteigt der nächtliche Lärmpegel weiterhin das zulässige Maß. Nun ist es Zeit, etwas Neues zu versuchen. Und dass weitere Schritte folgen müssen, weil zum Beispiel auch vorbeilaufende Partytouristen zum Lärm beitragen, ist doch auch uns völlig klar.“
Der SPD-Bezirksverordnete Stephan Ott ergänzt: „Wir hören von den Grünen beim Thema Lärm immer: Man müsste mal, man sollte mal. Aber wenn es dann konkret wird, ziehen sie nicht mehr mit. Wir fordern sie auf, mit uns gemeinsam an praktikablen Lösungen zu arbeiten, anstatt nur öffentlich über das Ordnungsamt zu meckern. Die jetzt eiligst entworfenen Alternativvorschläge der Grünen und Linken versprechen hingegen mehr Bürokratie – und das bei knapper Personalausstattung des Bezirksamtes – und lange Rechtsstreitigkeiten mit den Gastronomen, sodass auf absehbare Zeit wieder nichts passieren wird.“