In Friedrichshain sind die Schulplätze besonders knapp, doch es tut sich was: Ein Grundschul-Rohbau in der Pufendorfstraße ist fertig, am Ostbahnhof soll eine neue Schule entstehen. Ein Gespräch mit den SPD-Bezirksverordneten Peggy Hochstätter und Frank Vollmert über die Schulbauoffensive, fehlende Flächen und die verbesserte Reinigung.
Peggy Hochstätter ist schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg. Frank Vollmert ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender und ebenfalls Mitglied im Schulausschuss der BVV.
Zur Schulbauoffensive gibt es Neuigkeiten: Der Rohbau für die neue Grundschule in der Pufendorfstraße ist fertiggestellt. Wieviele Schüler*innen werden hier Platz finden – und wann ist mit dem ersten Unterricht zu rechnen?
Frank Vollmert: Unterricht gibt schon seit August 2018 in der Pufendorfstraße. Wegen der schnell wachsenden Schülerzahlen im Umfeld wurde in einem ersten Bauabschnitt ein Modularer Ergänzungsbau (MEB) errichtet. Im jetzigen zweiten Bauabschnitt entsteht das Hauptgebäude mit integrierter Sporthalle. Fertig sein soll alles im kommenden Frühjahr. Bislang ist die Schule in der Pufendorfstraße eine Filiale der Spartacus-Grundschule, die ganz in der Nähe liegt. Ab dem Sommer 2022, wenn alles fertig ist, haben wir in der Pufendorfstraße eine eigenständige Grundschule mit Platz für 432 Kinder, also für drei Klassen pro Jahrgang.
24,8 Millionen Euro kostet die neue Schule in der Pufendorfstraße. Das ist viel Geld, aber Schulplätze werden auch dringend benötigt. Kannst du die Situation in Friedrichshain kurz beschreiben?
Peggy Hochstätter: Wir haben im Ortsteil Friedrichshain schon seit fast 20 Jahren einen Zuwachs an Geburten, welcher sich immer weiter fortgesetzt hat. Fast alle Grundschulen wurden bereits baulich erweitert durch Aufstockungen, An- und Umbauten, Ergänzungsbauten. Zwei Standorte entstehen ganz neu, neben der Pufendorfstraße gibt es auch im Rudolfkiez wieder Schulplätze für Kinder im Grundschulalter, allerdings als Grundstufe der Emanuel-Lasker-Schule. Diese ist jetzt Gemeinschaftsschule von Klasse 1 bis 13. Von der Einschulung bis zum Abitur – das ist unsere Vorstellung von gemeinsamem Lernen und Chancengleichheit im Bildungssystem. Der Anstieg im Grundschulbereich wird sich bis 2025 fortsetzen und dann auf diesem Niveau verbleiben. Im Bereich der Oberschulen wird die Nachfrage nach Schulplätzen bis über das Jahr 2030 hinaus zunehmen. Es gibt weitere Planungen, die in den kommenden Jahren umgesetzt werden müssen.
Der Bezirk #Friedrichshain–#Kreuzberg bekommt im nächsten Jahr eine neue Grundschule in der Pufendorfstraße. Der Rohbau des Schulneubaus wurde vor wenigen Tagen fertiggestellt. In das Projekt der #BerlinerSchulbauoffensive werden 24,8 Mio. € investiert. @SenSWBerlin @BA_Xhain pic.twitter.com/5yaOCh5zio
— Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (@SenBJF) March 2, 2021
Dass die Zahl der Bewohner*innen unseres Bezirkes zunimmt, ist bekannt. Was macht es so schwierig, neue Schulplätze zu schaffen?
Peggy Hochstätter: Wir haben keine öffentlichen Grundstücke mehr im Bezirk für den Schulneubau, müssen uns also auf unsere vorhandenen Schulgrundstücke beschränken. Diese sind meist relativ klein und wir können auch nicht die Schulhöfe zubauen. Auch der Denkmalschutz setzt uns an einigen Standorten enge Grenzen für bauliche Maßnahmen. Wichtig ist, dass die Finanzierung der Schulbauoffensive auch nach den Wahlen gesichert ist. Einige Parteien nehmen das nicht so wichtig und wollen viele Milliarden lieber in anderen Bereichen einsetzen. Für die Bildung wäre das eine Katastrophe.
Weil bezirkseigene Flächen für Schule und Sport fehlen, geht der Bezirk am Ostbahnhof einen ungewöhnlichen Weg: Hier soll eine Schule auf einem Privatgrundstück gebaut werden. Der Bezirk hat Ende 2019 die Planungsziele für ein laufendes Bebauungsplanverfahren geändert und eine Fläche als Gemeinbedarfsfläche für Schule und Sport ausgewiesen. Geht das so einfach? Und wie ist denn hier der aktuelle Stand?
Frank Vollmert: Einfach ist das nicht. Wir haben hier nicht nur einen Bedarf an Grundschulplätzen, wir haben vor allem einen Bedarf, der nicht erst in ein paar Jahren entsteht. Deshalb ist es gut, dass der Bezirk sich hier klar für den Schulneubau positioniert hat. Ebenfalls gut ist es, dass der Bezirk, das Land und der Eigentümer versuchen, die Errichtung einer Schule im Einvernehmen zu erreichen. Das Land Berlin muss an dieser Stelle neue Wege gehen, um die Schulplatznot in den Griff zu bekommen. Die SPD ist dazu bereit. Immerhin gibt es seit dieser Woche einen Beschluss der Berliner Taskforce Schulbau zum Neubau einer zweizügigen Grundschule im so genannten Andreas-Quartier. Es sieht so aus, dass das bald in trockene Tücher kommt. Hoffentlich noch in diesem Jahr.
Die immer knapper werdenden Schulplätze waren bereits zu Beginn der Wahlperiode ein großes Thema in der Bezirkspolitik. Was hat sich seitdem verändert?
Peggy Hochstätter: Seitdem sind viele Millionen Euro in unsere Schulen investiert worden, in den Ausbau der Kapazitäten, in Sanierung und in den Schulneubau. Im Durchschnitt sind das über die fünf Jahre der Wahlperiode gerechnet ca. drei Millionen Euro pro Standort. Das sieht man auch, wenn man mit dem Thema Schule nichts zu tun hat. Baugerüste und Kräne an vielen Stellen. Unser Schulstadtrat Andy Hehmke hat mit seinem Schulamt für mehr als 20 Schulen Bedarfsprogramme auf den Weg gemacht, die in umfangreichen Beteiligungsprozessen gemeinsam mit den Schulen fertiggestellt wurden. Dieser Schub muss nach der Wahl weitergehen. Damit liegen nicht nur die erforderlichen Grundlagen vor, um in konkrete Bauplanungen einzusteigen, sondern die Schullandschaft soll sich zugleich verändern. Es entstehen an Standorten bisheriger Grundschulen Gemeinschaftsschulen. Wir wollen die Kinder nach der Klassenstufe 6 nicht durch halb Berlin schicken auf der Suche nach einem geeigneten Oberschulplatz. Zumindest dort, wo das baulich möglich ist. Auch die gymnasialen Oberstufen haben wir ausgebaut. An 7 von 10 Sekundar- und Gemeinschaftsschulen bei uns im Bezirk gibt es jetzt auch den Weg zum Abitur mit unterschiedlichen Modellen. Vor nicht einmal 10 Jahren war das nur an zwei Schulen möglich.
Auch die Schulreinigung und die Digitalisierung an Schulen werden immer wieder als problematisch bezeichnet. Wie sieht es hier aus in Friedrichshain-Kreuzberg?
Frank Vollmert: Wir haben mit dem letzten Bezirkshaushalt den Etat für die Schulreinigung um 900.000 Euro pro Jahr aufgestockt. Die Verträge sehen vor, dass die Reinigungskräfte für dieselben Flächen deutlich mehr Zeit haben. Gute Arbeit ist uns als SPD besonders wichtig.
Dann hat das Abgeordnetenhaus auf Initiative der SPD-Fraktion nochmal zusätzlich Geld gegeben. Damit reinigt der Bezirk alle Schultoiletten in allen Schulen zusätzlich zur Mittagszeit. Also werden alle Toiletten zweimal täglich geputzt. Beschwerden über die Schulreinigung gibt es kaum noch. Dennoch fordern wir die Rekommunalisierung der Schulreinigung. Wie man das organisiert, zum Beispiel durch einen Landesbetrieb, und finanziert, wird eine neue Koalition nach der Wahl entscheiden müssen. Bei der Digitalisierung der Schulen ist unser Bezirk ganz weit vorn. Bereits jetzt laufen an 15 Standorten Baumaßnahmen für die LAN-Verkabelung. Die Bestandsaufnahme an allen Standorten ist abgeschlossen. Der Bezirk weiß also für jede Schule bis zur letzten Besenkammer, was konkret zu machen ist.
Leider ist das immer auch mit größeren Baumaßnahmen verbunden und die dauern eben. Aber es geht deutlich voran. Schülerinnen und Schüler, die keine Endgeräte haben, bekommen derzeit Tablets, ebenso werden Lehrkräfte ausgestattet. In wenigen Wochen werden alle Schülerinnen und Schüler, die keines zu Hause haben, über mobile Endgeräte verfügen. Wo die Leihgeräte der Schulen nicht reichen, finanziert das Jobcenter oder das Sozialamt auf Nachweis.