Eine Anfrage der SPD-Fraktion hat deutlich gemacht: Das Bezirksamt nimmt sich der Lärmprobleme im Boxhagener Kiez an. Eine Allgemeinverfügung, wie Die Linke sie fordert, könnte sich kontraproduktiv auswirken.
Kneipenmeilen wie die Simon-Dach-Straße sind beliebt bei Einheimischen und Touristen. Doch gerade an langen Sommerabenden leiden viele Anwohner*innen unter dem Lärm bis spät in die Nacht. Gut gemeint war deshalb ein Antrag der Fraktion Die Linke, die Außengastronomie mittels einer Allgemeinverfügung einzuschränken. Der Grundgedanke: Alle Angebote der Außengastronomie müssen ausnahmslos an Wochentagen 23 Uhr schließen, an Wochenenden 1 Uhr. Gefordert wird eine solche Allgemeinverfügung als Modellversuch für mehrere Straßenzüge im Simon Dach- bzw. Boxhagener Kiez.
Eine solche Allgemeinverfügung wird das Lärm-Problem aber allein nicht lösen und könnte zudem ungewollte Nebenwirkungen haben. Das machte der für das Ordnungsamt zuständige Stadtrat Andy Hehmke (SPD) in der BVV am Mittwoch auf Anfrage der SPD-Fraktion deutlich.
So gilt im Simon-Dach-Kiez für 50 Betriebe eine Sperrzeitregelung für die Zeiten Sonntag bis Donnerstag 23 Uhr und Freitag bis Samstag 24 Uhr. Weitere 11 Betriebe haben eine Sperrzeitauflage ab 22 Uhr. Diese 61 Betriebe könnten ihren Außenbereich, wenn eine solche Allgemeinverfügung gilt, sogar länger als bisher betreiben. Wohl auch deshalb hat die CDU-Fraktion bereits vorgeschlagen, die Sperrzeiten mit 22 Uhr bzw. 24 Uhr (Fr./Sa.) noch strenger zu fassen.
Doch Stadtrat Hehmke stellte auch klar: „Erfahrungsgemäß gibt es nicht die eine Lösung. Es sind viele verschiedene Maßnahmen, passgenau auf die Kieze abgestimmt, notwendig.“ Beispielsweise gehe der Lärm auch von Laufpublikum aus, das auf dem Weg zum RAW-Gelände durch den Simon-Dach-Kiez zieht – und nicht nur vom Außenbereich der Gaststätten.
Das Bezirksamt stelle sich dieser komplexen Aufgabe mit einer abteilungsübergreifenden Arbeitsgruppe „fair.kiez“, legte Hehmke dar. Ein Moderations-, Mediations- und Kommunikationsprozess sei vergangenes Jahr in der südlichen Simon-Dach-Straße begonnen worden und werde seit Juni 2017 im restlichen Boxhagener Kiez fortgeführt.
Stephan Ott, Sprecher der SPD-Fraktion für die Bereiche Wirtschaft und Ordnungsamt, erklärt hierzu: „Das Bezirksamt ist bereits auf vielfältige Weise aktiv geworden, um das Lärmproblem anzugehen. Wir sollten die Ergebnisse der Arbeitsgruppe fair.kiez abwarten und deren Erfahrungen sowie die gesammelten Daten in die weiteren Entscheidungen einfließen lassen.“
Ott weiter: „Eine Allgemeinverfügung kann ein mögliches Mittel sein. Zum jetzigen Zeitpunkt würde sie aber den Moderationsprozess des Bezirksamtes sabotieren. Es gibt auch kooperationsbereite Gastwirte, deren Vertrauen wir damit zerstören würden. Das Lärmproblem kriegen wir aber nur gemeinsam mit Anwohner*innen, Gastwirten, Clubbetreibern und weiteren Akteuren in den Griff. Und klar ist: Mit einer Allgemeinverfügung als isolierter Maßnahme ist es nicht getan. Ich hoffe, dass die Fraktionen weiterhin konstruktiv zusammenarbeiten und auf medienwirksame Schnellschüsse verzichten. In einem sind wir uns einig: Im Simon-Dach-Kiez und auch in anderen Vierteln im Bezirk ist es auf der Straße nachts zu laut und somit für die Anwohner*innen sehr belastend.“
In der Vergangenheit hat sich auch die SPD-Fraktion immer wieder des Themas Kneipenlärm angenommen. So hat die BVV 2016 auf Initiative der SPD sogenannten „Kneipen-Bebauungspläne“ gefordert: Mit dem Baurecht sollten u.a. im Simon-Dach-Kiez neue Kneipen untersagt und die touristische Kommerzialisierung ganzer Stadtviertel gestoppt werden. (Drucksache DS/1910/V) Die Umsetzung wird vom Bezirksamt derzeit noch geprüft. (Antwort auf die SPD-Anfrage DS/0292/V)
Presseerklärung vom 13.07.2017