Die Hunsrück-Grundschule soll künftig mehr Schüler aufnehmen und von einer drei-zügigen zu einer vier-zügigen Schule werden – also vier Klassen pro Jahrgangsstufe bilden. Schulmitarbeiter und Eltern protestieren gegen diesen Plan des Schulamtes. Für die SPD-Fraktion ist aber auch klar: Der Bezirk muss handeln, um seiner Pflicht nachzukommen, ausreichend wohnortnahe Schulplätze zur Verfügung zu stellen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen zur Debatte um die Hunsrück-Grundschule (Stand: 21.04.2015).
Ist alles schon beschlossene Sache, bevor die Bürger überhaupt von den Planungen des Bezirks erfahren haben?
Nein. Der Vorschlag des Schulamtes, die Einzugsbereiche der Schulen zu verändern und mehr Schüler in der Hunsrück-Grundschule aufzunehmen, wird zunächst in der Schulkonferenz, im Schulausschuss des Bezirks und im Bezirkselternausschuss erörtert. Auch die Bürger können sich an der Diskussion beteiligen und ihre Einwände einbringen – was viele SchulmitarbeiterInnen, Eltern und SchülerInnen während einer Diskussionsrunde am 13. April bereits getan haben. Vor der Sommerpause muss aber eine Entscheidung gefallen sein.
Schulstadtrat Peter Beckers sagt, dass es für die bisherige Planung des Schulamts sehr gute Gründe gibt, die wir im Folgenden erläutern …
Warum soll die Hunsrück-Grundschule mehr Schüler aufnehmen?
In Bereich östliches SO 36 werden pro Jahr etwa 25 Kinder mehr an den Grundschulen (GS) angemeldet werden als in den vergangenen Jahren. Das entspricht einer Grundschulklasse pro Jahr – also einem Zug. Während die Schülerzahlen im Einzugsbereich der Hunsrück-Grundschule rückläufig sind, steigen sie leicht in den Einzugsbereichen der Heinrich-Zille-GS am Lausitzer Platz und der Fichtelgebirge-GS im Wrangelkiez. Diese Schulen sind aber räumlich ausgelastet und können keinen weiteren Zug aufnehmen. Das gilt auch für die in der Nähe befindliche Nürtingen-GS und Rosa-Parks-GS. Um den Rechtsanspruch auf einen Schulplatz im Wohnumfeld erfüllen zu können, werden in Berlin die Schuleinzugsbereiche regelmäßig überprüft und ggf. der prognostizierten Entwicklung angepasst oder – wenn die Kapazität ausgelastet ist – neue Schulräume geschaffen.
Die Hunsrück-Grundschule erfüllt die Vorgaben des Landes für eine vierzügige gebundene Ganztagsschule und ist für vier Züge gebaut worden. Im bisherigen Einzugsbereich der Schule gibt es aber weniger Kinder, weshalb in den vergangenen Jahren nur drei Klassen pro Jahrgang eingerichtet wurden. Um die anderen Schulen in der Region zu entlasten, hat das Schulamt vorgeschlagen, die Einzugsbereiche der Schulen neu festzulegen. Das bedeutet: Die Hunsrück-Grundschule soll mehr Schüler aufnehmen – weil hier, im Gegensatz zu anderen Schulen der Umgebung, noch ausreichend Platz vorhanden ist.
In den vergangenen Jahren hat die Hunsrück-Grundschule die freien, zusätzlichen Räume sinnvoll genutzt: Zum Beispiel als Musikräume, für den Aufbau von Billardtischen und naturwissenschaftlichen Anschauungsobjekten oder die Lagerung von Hausschuhen. Die Enttäuschung von Schulmitarbeitern und Eltern über den Verlust der Zusatzräume ist daher nachvollziehbar. Die Alternative wäre jedoch, an ohnehin ausgelasteten Schulen noch mehr Kinder unterzubringen. Das wäre weder gerecht noch förderlich für die Qualität der Schulbildung in Kreuzberg. „Als SPD müssen wir das Gemeinwohl im Blick haben“, sagt der schulpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Johannes Keil.
Wieviele Räume muss die Schule für die zusätzlichen Schüler bereitstellen?
Pro Jahr soll an der Hunsrück-GS künftig eine Klasse mehr eingerichtet werden, bis der neue Zug komplett ist. Hierfür sind wie in Berlin für gebundene Ganztagsschulen üblich zwölf Räume vorgesehen – bei sechs Klassenstufen also zwei Räume für jede Schulklasse. Insgesamt hat die Hunsrück-Grundschule etwa 50 Räume, also derzeit etwa drei Räume pro Klasse.
Das Bezirksamt hat erst 2013 beschlossen, die E.O. Plauen-Grundschule zu schließen. Kann man sie nicht einfach wieder öffnen?
Der Bezirk hat beschlossen, die E.O. Plauen-Grundschule auslaufen zu lassen, weil sie kaum noch nachgefragt wurde. Zuletzt wurde dort nur noch eine Klasse pro Jahr neu eingerichtet. Es war daher nicht mehr möglich, die Raumkapazitäten der Schule wirtschaftlich auszulasten. Genau das muss das Schulamt aber gewährleisten. In der gegenüberliegenden Nürtingen-GS und in der nahe gelegenen Heinrich-Zille-GS war die Nachfrage dagegen sehr hoch. Deshalb hat der Bezirk in enger Abstimmung mit Elternvertretungen, dem Quartiersmanagement, mit Akteuren der Mariannenplatz-Runde, den Schulen, der BVV, dem Bezirkselternausschuss u.a. entschieden, die Nürtingen-GS um einen Zug auf vier Züge und die Heinrich-Zille-GS von zwei auf drei Züge zu erweitern. Ohne dem Beschluss zum Auslaufen der E.O.Plauen-GS wäre das nicht möglich gewesen. Auch heute könnte mit nur einer Klasse pro Jahrgang die E.O. Plauen-Grundschule in wirtschaftlich oder schulorganisatorisch vertretbarer Weise nicht weiterbetrieben werden. Die Schule selbst wird aber als „Raumreserve“ für möglichen größeren Bevölkerungszuwachs gesichert.
Sollte der Grundsatz nicht lauten: Soviel Platz wie jetzt an der Hunsrück-Grundschule sollten Schüler auch an allen anderen Schulen haben?
Das Land Berlin hat sich für zwei Räume pro Klasse in einer gebundenen Ganztagsschule entschieden. Wird diese Norm verändert, müssten viele neue Schulräume gebaut und unterhalten werden. Dafür müsste auch der Platz vorhanden sein, was in hochverdichteten Innenstadtbezirken auf Grenzen stoßen dürfte. Das Hauptaugenmerk liegt derzeit auf der Inklusion, die ebenfalls mehr Räume erfordert, und vor allem auf den Anforderungen der wachsenden Stadt. Im Bezirk ist es der Ortsteil Friedrichshain, wo der Kinderzuwachs viele Schulerweiterungen und -neubauten erfordert. Das geschieht derzeit mit Hochdruck.
Ist eine gebundene Ganztagsschule mit weniger Räumen überhaupt noch möglich?
In Friedrichshain-Kreuzberg gibt es noch weitere gebundene Ganztagsschulen, deren Schulkonzept sich an den üblichen 12 Räumen pro Zug orientiert. Grundsätzlich ist es also möglich. Warum nun deren Konzepte so viel schlechter sein sollen als das der Hunsrück-GS muss geprüft werden. „Gemeinsam mit der Senatsbildungsverwaltung werden wir nun klären, was am pädagogischen Schulkonzept der Hunsrück-GS als gebundene Ganztagsschule geändert werden müsste, damit es im üblichen Raumkonzept funktioniert und was das für die Schule bedeutet“, sagt Schulstadtrat Peter Beckers. Dies will er im Dialog mit der Schule ermöglichen.
Will der Bezirk bei den Schulen sparen, um anderswo Haushaltslöcher zu stopfen?
Nein. Die geplante Anpassung der Schuleinzugsbereiche ist für den Bezirk keine Einsparmaßnahme. Das Geld, das der Bezirk vom Land Berlin für den Unterhalt der Schulen erhält, gibt er auch für diesen Zweck aus. Defizite im Schulhaushalt müssen im Bereich der Kreuzberger Sekundarschulen ausgeglichen werden.