Presseerklärung vom 25.08.2020:
In Sonntagsreden plädiert Verkehrssenatorin Regine Günther (Bündnis 90/Die Grünen) für die Verkehrswende und sichere Fußwege. Doch in der Praxis bewegt sich wenig. Das kritisiert die Bezirksverordnete Peggy Hochstätter, verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion in Friedrichshain-Kreuzberg. „Regine Günther ist eine Ankündigungs-Senatorin. Tatsächlich hat die Landesebene unsere Initiativen für sichere Fußwege oder Schulwegsicherheit immer wieder ausgebremst.“
Ein aktuelles Beispiel ist die Proskauer Straße in Friedrichshain. „Der Zebrastreifen dort liegt in einer Senke und wird leicht übersehen. Immer wieder kommt es zu brenzligen Situationen“, sagt Hochstätter. Seit Jahren thematisiert sie das mit Anträgen in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Bereits zweimal hat die BVV die Verkehrslenkung Berlin (VLB) aufgefordert, den Zebrastreifen besser zu sichern (2015 und 2018). Ein weiterer Beschluss der BVV spricht sich für Tempo 30 in der Proskauer Straße aus. Der Überweg wird besonders von Grundschulkindern auf dem Weg zur Liebig-Schule intensiv genutzt, ebenso von Kindern auf dem Weg zur Musikschule in der Zellestraße.
Wie jetzt durch einen Bericht des Bezirksamtes („Vorlage zur Kenntnisnahme“, hier und hier nachzulesen) bekannt wurde, hat die Verkehrslenkung entsprechende Bitten schon vor zwei Jahren abgelehnt. In einem Schreiben der Behörde vom 1. August 2018 heißt es, die Proskauer Straße habe als Hauptverkehrsstraße der Stufe III eine „gesteigerte verkehrliche Funktion“ und müsse deshalb „möglichst geringen Beschränkungen“ unterliegen. Auch sei in den zurückliegenden drei Jahren „nur ein Verkehrsunfall mit Beteiligung von Fußgängern im Bereich des Fußgängerüberweges registriert worden.“ Aus eigener Anschauung weiß die SPD-Verordnete Hochstätter, dass dies wohl eher eine glückliche Fügung ist. „Dass nicht mehr passiert ist, ist ein Wunder.“
Die Proskauer Straße ist kein Einzelfall. Auch andere Initiativen der SPD-Fraktion wurden vom Bezirksparlament befürwortet, dann aber von der VLB ausgebremst. Hochstätter: „Seit Jahren kämpfen wir für sichere Fußgänger-Überwege und Tempo 30 ganztags auf der Boxhagener Straße. Die VLB lehnte das ab. In der Ebertystraße haben wir mehrfach Tempo 30 gefordert, weil die Straße in einem Wohngebiet mit Grundschule, Kitas und Spielplätzen liegt. Die VLB lehnte das ab. In der Prinzenstraße wäre ein Zebrastreifen sinnvoll, weil sich hier morgens und nachmittags viele Schulkinder mit ihren Eltern auf der Mittelinsel drängen. Auch das wurde von einer Arbeitsgruppe, an der VLB und Senatsverkehrsverwaltung beteiligt waren, abgelehnt.“
Hochstätter weiter: „Wo ein politischer Wille ist, da ist auch ein Weg. Doch unsere Vorstöße für mehr Fußwegsicherheit stoßen stattdessen oft auf Bedenken und Paragrafenreiterei. Die grüne Verkehrssenatorin ist hier in der Pflicht, die Verkehrswende endlich ernst zu nehmen. Dabei sollte sie die schwächsten Verkehrsteilnehmenden stärker in den Blick nehmen, nämlich die Fußgängerinnen und Fußgänger – und ganz besonders die Kinder. Es bleibt nur zu hoffen, dass die neue Struktur der Verkehrsplanung dazu beiträgt, dass hier mehr Bewegung reinkommt.“ Hintergrund: Die Aufgaben der VLB wurden Anfang 2020 von einer neu gegründeten Abteilung Verkehrsmanagement der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz übernommen.
Peggy Hochstätter verweist auf den Koalitionsvertrag von SPD, Linke und Grünen auf Landesebene. Dort heißt es im Abschnitt zur Mobilitätswende: „Um die Häufigkeit und Schwere von Unfällen zu reduzieren, wird die Koalition alle rechtlichen Möglichkeiten zur Ausweitung und Neuausrichtung vom Tempo-30-Zonen nutzen. Bis 2020 sollen lärmmindernde, zur Mobilitätssicherheit beitragende Tempo-30-Abschnitte auf Hauptverkehrsstraßen geschaffen und in sensiblen Bereichen, wie beispielsweise vor Schulen, vorab schnell umgesetzt werden.“
Hochstätter kommentiert: „Dieses richtige Ziel wird nach meinem Eindruck bisher kaum umgesetzt. Die Verkehrssenatorin hat es lange verschlafen, den Koalitionsvertrag mit Leben zu füllen. Es wird Zeit, dass sich das ändert!“